Redouten, Karoussel und Köllnerwasser

Der Wiener Kongress

Der Kunst- und Kulturhistoriker Hannes Etzlsdorfer öffnet ein anekdotenhaftes Fenster in ein Wien des Jahres 1814. Dabei konzentriert er sich weniger auf die politischen Ereignisse rund um den "Wiener Kongress", sondern auf den Alltag der einfachen Bewohner in Wien. Er stützt sich dabei auf Originaldokumente, Tagebücher, Zeitungen oder Briefe.

Fasanenjagd im Prater, Karoussel in der Winterreitschule, festliche Redouten in der Hofburg - der Wiener Kongress war ein Ort allerhöchsten Amüsements. Als Karoussel bezeichnete man Geschicklichkeitsbewerbe für Reiter und Wagenfahrer, und Redouten waren Maskenbälle mit festlicher Kleidung in prunkvollem Ambiente, die während des Kongresses auch mehrmals in den gleichnamigen Sälen in der Wiener Hofburg veranstaltet wurden.

Der Historiker und Kunsthistoriker Hannes Etzlstorfer vergisst aber auch den Alltag der einfachen Stadtbewohner nicht. Eine wichtige Quelle für seine Chronologie des Kongresses ist das Tagebuch des Hofbeamten Matthias Franz Perth. Am 20. September 1814 notierte der kaiserlich-königliche Rechnungsbeamte:

Unterkünfte für 100.000 Gäste

Solche Beschreibungen eines Zeitzeugen ermöglichen uns einen direkten Blick auf das Leben der Menschen in einer Stadt, die während des Kongressjahres fünfzig Prozent mehr Bewohner hatte als zuvor. Lebten normalerweise um die 200.000 Menschen in Wien, musste während des Kongresses Platz für weitere 100.000 geschaffen werden. Denn die hohen Herrschaften reisten mit Hofstaat, Leibgarde, Dienstboten und Küchenpersonal. Da die im Vergleich mit London oder Paris noch recht kleine Stadt kaum elegante Hotels hatte wurden ganze Adelspalais angemietet - wie jenes des Fürsten Kaunitz, in dem die französische Delegation abstieg.


Solche Beschreibungen eines Zeitzeugen ermöglichen uns einen direkten Blick auf das Leben der Menschen in einer Stadt, die während des Kongressjahres fünfzig Prozent mehr Bewohner hatte als zuvor. Lebten normalerweise um die 200.000 Menschen in Wien, musste während des Kongresses Platz für weitere 100.000 geschaffen werden. Denn die hohen Herrschaften reisten mit Hofstaat, Leibgarde, Dienstboten und Küchenpersonal. Da die im Vergleich mit London oder Paris noch recht kleine Stadt kaum elegante Hotels hatte wurden ganze Adelspalais angemietet - wie jenes des Fürsten Kaunitz, in dem die französische Delegation abstieg.

Nicht alles war Gold, was glänzte

Hannes Etzlstorfer ist, wie man anhand dieses Zitats erahnen kann, ein fleißiger Erforscher interessanter Details. Er zitiert aus Büchern, Briefen, Zeitungen und Tagebüchern und ergänzt diese um Originaldokumente aus dem Haus- Hof- und Staatsarchiv. Wir erhalten so ein Gesamtbild des Lebens in Wien zur Zeit des Kongresses - wo bei weitem nicht alles Gold war was glänzte.

Besuchsverbot für Faschingsball

Wie es am anderen Ende der Klassengesellschaft aussah, erfahren wir bei Hannes Eztelstorfer auch durch ein Zitat aus einem Dramolett des Hoftheaterdichters am Kärntnertortheater, Ignaz Franz Castelli. Er schrieb über eine Köchin, deren Herr ihr verbot, während des Kongresses einen Faschingsball zu besuchen. Die Hausangestellte quittiert daraufhin ihren Dienst und hinterlässt einen Abschiedsbrief.

Hannes Etzlstorfers Buch über den Wiener Kongress bietet gute Unterhaltung, die keinen Lokalkolorit vermissen lässt. Der Band erhebt, obwohl seriös wissenschaftlich recherchiert, nicht den Anspruch, ein Beitrag zur Forschung über den Inhalt des Wiener Kongresses zu sein. Er ist eine chronologische Erzählung in kurzen Kapiteln zu den verschiedensten Aspekten, die den Alltag der Menschen in Wien am Beginn des 19. Jahrhunderts ausmachten. Jenes Jahrhunderts, dessen technische Innovationen, medizinische Fortschritte und soziale Umwälzungen dieses Leben für immer zum Verschwinden bringen sollten.

Service

Hannes Etzlstorfer, "Der Wiener Kongress. Redouten, Karoussel und Köllnerwasser", Verlag Kremayr&Scheriau 2014