Kinostart für Umut Dags "Risse im Beton"

In seinem Langfilm "Kuma" aus dem Jahr 2012 erzählte der Wiener Regisseur Umut Dag noch aus vorwiegend weiblicher Perspektive aus dem Alltag türkischer Frauen in Wien. In seinem neuen Film "Risse im Beton" ist es nun die männliche Perspektive. Dag taucht in ein von Gewalt und Kriminalität geprägtes Milieu in den Wiener Außenbezirken ein.

"Risse im Beton" hatte bereits im Rahmen der heurigen Berlinale Premiere.

Morgenjournal, 16.9.2014

Es ist eine harte Realität, die Umut Dag mit seinem neuen Film auf die Leinwand bringt: Drogen dealende Jugendliche, zerrüttete Familien, Gewalt und Kriminalität im migrantischen Milieu der Wiener Außenbezirke. Umut Dag erzählt dabei aus einer Welt heraus, die er von Musikvideodrehs schon gekannt, aber nie wirklich verstanden habe: "Begriffe wie Ehre, Stolz und Hierarchien usw., das sind Sachen, die sehr abstrakt sind. Für mich war es spannend Leute zu erleben, die diese Worte emotional leben und nicht hinterfragen."

Traum von der großen Karriere

Im Zentrum der Handlung steht eine Vater-Sohn-Geschichte: Mit Ertan, der nach zehn Jahren im Gefängnis wieder zurück in den Alltag zu finden versucht, und dem 15-jährigen Mikail, der nicht weiß, dass Ertan sein Vater ist, ihn nie kennengelernt hat, aber in dieselbe Spirale aus Gewalt und Kleinkriminalität abzurutschen droht: Er träumt von der großen Musikerkarriere, sein erstes Mixtape finanziert er mit dem Verkauf von Drogen.

Den Jugendlichen im Film fehlen realistische Ziele und Vorbilder, sie leben in eine illusorische Zukunft hinein. Und wenn dann die Träume platzen, sehen sie in der Kriminalität einen der wenigen Auswege. "Ich konnte nicht verstehen, wie man in so jungen Jahren, so hoffnungslos ist - in einem Land, in dem man so viele Möglichkeiten hat." Und dabei, so der Filmemacher weiter, sei das Bild das er von dieser Vorstadtrealität zeichne, alles andere als übertrieben: "Die Realität zeigt sich noch härter als im Film."

Alltagsprache der Laiendarsteller

Die Rolle Ertans hat Umut Dag dem Hauptdarsteller Murathan Muslu auf den Leib geschrieben. Ansonsten hat er aber vor allem mit Laiendarstellern gearbeitet - an deren Alltagssprache die Dialoge, gemeinsam mit Drehbuchautorin Petra Ladinigg, angepasst wurden. Dag vermeidet dabei in der Bildsprache jeglichen dokumentarisch anmutenden Realismus und erzeugt stattdessen mit einer kühlen Farbgebung eine künstliche Atmosphäre, in der auch melodramatischere Erzähltöne glaubwürdig bleiben.

All das macht "Risse im Beton" zu einer erschreckend ehrlichen, wie filmisch faszinierenden Studie einer Lebensrealität, die sich mitten in der Gesellschaft befindet - aber allzu oft auf Klischees und Vorverurteilungen reduziert, an deren Rand gedrängt wird.

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Wega Film - Risse im Beton