Sammlung Gurlitt: Bern-Museum nimmt Erbe an

Der Fund der Millionenbilder der Gurlitt-Sammlung in München und in Salzburg war eine Weltsensation. Allerdings ist vieles davon Raubkunst, die ihren jüdischen Besitzern abgepresst oder gestohlen wurde. Der letzte Besitzer dieser Bilder, Cornelius Gurlitt, hatte den Schatz von seinem Vater, einem Nazi-Kunsthändler, geerbt. Der inzwischen verstorbene Gurlitt hat sie dem Kunstmuseum Bern vermacht. Seit heute Vormittag ist offiziell bestätigt, dass das Museum dieses schwierige Erbe annimmt.

Mittagsjournal, 24. November 2014

"Nach Bern kommt keine Raubkunst"

Es ist eine sehr heikle Angelegenheit. Cornelius Gurlitt, der Sohn eines Kunsthändlers, der mit den Nazis zusammengearbeitet hat, vermacht sein Erbe, das teilweise unter Raubkunstverdacht steht, einem Schweizer Museum. Das Kunstmuseum Bern wird dieses Erbe annehmen. Das war heute keine Überraschung mehr. Allerdings unter einer wichtigen Voraussetzung, sagt der Stiftungsratspräsident des Museums, Christoph Schäublin: "Über die Schwelle des Kunstmuseums Bern kommen generell keine Werke, die sich als Raubkunst erweisen. Das heißt - wünschbar ist -, dass die Taskforce Schwabinger Kunstfund ihre Arbeit fortsetzt."

Taskforce Schwabinger Kunstfund

Das bedeutet, dass ein großer Teil der mehr als 1500 Werke umfassenden Sammlung erst einmal in Deutschland bleibt. Und zwar in der Obhut der sogenannte Taskforce Schwabinger Kunstfund, einer Gruppe von Kunstexperten und Juristen, die sich der schwierigen Aufgabe stellen, die genaue Herkunft der Bilder zu untersuchen. Und da muss man mehrere Kategorien unterscheiden.

"Ohne Wenn und Aber zurückgegeben"

Rund 500 Werke stehen unter Raubkunstverdacht. Die deutsche Task-Force soll ihre Herkunft klären, mit dem Ziel, die Bilder an die Familien der früheren jüdischen Eigentümer zurückzugeben. Die Recherche ist kompliziert und teuer. Deutschland verpflichtet sich, alle Kosten dafür zu übernehmen. Mit nur einem Ziel, sagt die deutsche Kulturstaatsministerin Monika Grütters: "Alle im Nachlass enthaltenen Werke, die sich als NS-Raubkunst erweisen oder mit hoher Wahrscheinlichkeit als solche einzustufen sind, werden ohne Wenn und Aber an die Berechtigten zurückgegeben. Die Provenienz-Recherche, die Restitution und selbstverständlich von beiden die Kosten übernimmt der Bund."

Das gilt auch für die Erforschung der Bilder die in Cornelius Gurlitts Haus in Salzburg gefunden wurden. "Wir gehen heute 239, 240 Arbeiten aus, bei denen ein verfolgungsbedingter Verdacht auf NS-Raubkunst nicht ausgeschlossen werden kann", so Monika Grütters. Darunter sind Gemälde von Monet, Cezanne Gauguin oder Renoir, die heute zweistellige Millionenbeträge wert sind. Auch diese Bilder sollen von der deutschen Task-Force geprüft werden.

Erbe von Cousine angefochten

Einen Haken hat die komplizierte Vereinbarung allerdings noch: Eine Cousine von Cornelius Gurlitt hat das Erbe angefochten. Sie stützt sich auf ein Gutachten, nachdem Gurlitt beim Verfassen seines Testaments nicht zurechnungsfähig war und sein Testament deshalb ungültig sei. Und das ist mit hoher Wahrscheinlichkeit nur der erste Rechtsstreit, der den Erben der Sammlung bevorsteht.

Drei Bilder als NS-Raubkunst identifiziert

Nach vielen Monaten Forschungsarbeit sind erst drei Bilder eindeutig als Nazi-Raubkunst identifiziert. "Sitzende Frau" von Matisse, Liebermanns "Zwei Reiter am Strand" und seit heute offiziell auch die Zeichnung "Das musizierende Paar" von Carl Spitzweg. Ab heute Nachmittag soll die gesamte Liste der Werke aus der Sammlung Gurlitt im Internet in der Lost-Art-Datenbakt abrufbar sein.