"Café Sonntag"-Glosse von Franz Schuh

Zahlen bitte!

Was Geld betrifft, bin ich in einer Zwickmühle, nein nicht in der üblichen, dass ich keines habe und eines brauche. Nein, es ist nichts, was mir fehlt, das mich in die Zwickmühle bringt - es ist etwas, das ich empfinde.

Ich hasse nämlich Geld, das hat bei mir fast eine religiöse Inbrunst, aber es hat auch mit einer unteren Ebene des Daseins zu tun, mit dieser Lächerlichkeit, das man immer eine Geldbörse mit sich herumtragen muss und solche idiotischen Ausrufe tun muss wie: "Zahlen bitte!"

Immer muss man nachsehen, ob man die Börse nicht verloren hat und dann kommt noch die Börse dazu, auf der ich nichts verloren habe, die aber genauso heißt wie die Börse die ich nicht verlieren darf - die Börse als Finanzumschlagplatz, wo die einen reich werden, die die anderen in die Krise stürzen. Gott sei Dank haben wir im Fernsehen die Börsennachrichten, die dem Volk die Kurse bringen, und so hat mein gutes Mutterl vorm Schirm noch ihre Einweihung in die Wirtschaftsordnung erlebt.

Ich geb's ja zu, ich hasse keine Menschen, sondern nur Ideen oder Gegebenheiten, Relationen – aber einen bestimmten Typus von Banker liebe nicht einmal ich. Das ist der Typ von einem Geldmenschen, der auftritt und einsichtsvoll jammert: "Die Leute wollen die Banker hängen sehen." Er spielt den Fachmann und sagt über die Politiker, sie seien zu blöd, zu feige und zu unverständig - und dann macht dieser Fachmann selber mit seinen Bankgeschäften unzählige Miese, verliert Unsummen von Geld, und es passiert ihm: nix. Bei dem wäre ich als Aufsichtsratsvorsitzender nicht blöd, auch nicht feige und schon gar nicht unverständig.

Allein, man darf sich einer religiösen Inbrunst nie hingeben - und damit sitzt man schon in der Zwickmühle: Geld ist nämlich andererseits eine phantastische Erfindung, eine Kulturleistung par excellence. Wenn ich einen USB-Stick kaufe, lass ich die paar Euro hinüberwachsen und der ganze Kaufakt ist durch nichts Persönliches beschränkt. Egal, wer mir das Ding aushändigt, ob Mann, ob Frau, ob weiß oder schwarz - es geht ums Geld und um die Ware.

Diese wunderbare Abstraktheit des modernen Lebens, auch wenn die Kosten dafür teuflisch groß sind, ohne Geld wäre so ein cooler Handel gar nicht möglich. Man müsste wahrscheinlich von Mensch zu Mensch mit Naturalien handeln, würde sich (noch mehr als jetzt) über alles in die Haare kriegen - und außerdem gäbe es nicht einmal einen USB-Stick, denn womit sollte man in seine Herstellung investieren?