Eine Reportage

Die soziale Situation von Kunstschaffenden

Ein großer Teil der Kunst- und Kulturschaffenden in Österreich lebt im Prekariat. Das haben bereits 2008 vom Ministerium für Unterricht, Kunst und Kultur erhobene Daten belegt. Eine Reportage über die rechtliche Lage, SMart Österreich und die Vision einer Non-Profit-Bank für die Kunst.

Arbeitstisch eines Malers

APA, HOCHMUTH

Kulturjournal, 22.12.2014

Künstlerinnen und Künstler arbeiten und leben in sozial und finanziell unsicheren Verhältnissen. Ihr Einkommen liegt weit unter dem Durchschnitt und sie sind stark armutsgefährdet. Sie sind oft gefangen in einem sozialen System, das ihnen nicht die Unterstützung bietet, die sie brauchen, weil ihre Arbeitsweise nicht systemkompatibel ist. Ihr Einkommen ist unregelmäßig, sie arbeiten selbstständig, dann sind sie wieder angestellt, oft nicht lange genug, um in Zeiten der Arbeitslosigkeit auch Arbeitslosengeld zu bekommen. Und das System ist nicht flexibel genug, ihnen nachhaltige Lösungen anzubieten. Es degradiert sie zu Bittstellern, die sie nicht sein wollen.

Rechtliche Situation

Wie sieht nun die rechtliche Lage aus, in der sich Kunst- und Kulturschaffende befinden? Grundsätzlich gibt es kein eigenes Arbeitsrecht für Künstler, aber es gibt Sonderregelungen, wie zum Beispiel das Theaterarbeitsgesetz. Oft ist es auch schwierig richtig abzugrenzen, welcher Vertrag für einen Kunst- und Kulturschaffenden der richtige bzw. der legale ist, erklärt Anna Mertinz, Rechtsanwältin und Spezialistin für Arbeitsrecht.

Seit 2011 dürfen Arbeit- oder Auftraggeber mit Künstlerinnen und Künstlern nur echte Dienstverträge abschließen - müssen sie also anstellen - oder mit ihnen einen Werkvertrag vereinbaren, d.h. die Künstler arbeiten auf selbstständiger Basis. Sogenannte freie Dienstverträge sind nicht mehr erlaubt. Bei der Frage, welcher Vertrag denn nun der richtige ist, treffen gleich drei Rechtsgebiete aufeinander, die die Angelegenheit nicht einfacher machen. Was passiert aber, wenn man eine Zeit lang keine Aufträge bekommt, wenn man an einem Projekt arbeitet, das erst am Schluss Geld abwerfen wird. Ist das AMS zuständig, bekommt man Mindestsicherung - was ist zu tun?

SMart übernimmt die Bürokratie

Kunst- und Kulturschaffende sehen sich oft von der Politik allein gelassen. Unterschiedliche Interessenvertretungen der Künstler in Österreich (IGs) setzten sich für Verbesserungen ein. Zum Beispiel die Initiatorinnen von SMart in Österreich. SMart ist ein Verein, der vor 16 Jahren in Belgien gegründet wurde. Jetzt gibt es ihn auch hierzulande.

Die Kunst- und Kulturschaffenden können an SMart die gesamte Bürokratie abgeben, die ihr Beruf sonst mit sich bringt. Wie geht das vor sich? Eine Künstlerin bekommt einen Auftrag im Wert von 3000 Euro, den sie in drei Monaten erbringen muss. Sie kann sich an den Verein melden und auswählen, ob sie angestellt oder selbstständig arbeiten will. In jedem Fall übernimmt SMart die Administration. Bei der Anstellung tritt Smart als Dienstgeber in den Vertrag ein und Verhandelt mit dem Auftraggeber alles aus. Das ausgemachte Honorar wird dann als Gehalt über drei Monate ausbezahlt. Außerdem garantiert Smart die Auszahlung des Honorars - selbst wenn der Auftraggeber noch nicht bezahlt hat, bekommen die Kunstschaffenden Ihr Geld.

Non-Profit-Bank für die Kunst

In Belgien, dem Erfindungsland von SMart, ist seit der Gründung des Vereins vor 16 Jahren viel passiert. Zum Beispiel müssen Kunst- und Kulturschaffende per Gesetz angestellt werden, außer sie wollen es von sich aus nicht. SMart ist deshalb aber noch lange nicht überflüssig geworden, sagt Julek Jurowicz, der Erfinder und Gründer von Smart. Und Jurowicz hat noch eine andere Vision - eine Non-Profit-Bank für den Kunst- und Kulturbereich: In den nächsten fünf Jahren rechnet Jurowicz damit, dass SMart europaweit 200.000 Mitglieder haben wird, die sich dann als Genossenschaft organisieren. Wendete jede und jeder eine Kapitaleinlage von 150 Euro auf, kämen 30 Millionen Euro zusammen. Die Bank würde Kredite an Kunst- und Kulturschaffende vergeben und Projekte fördern. Ohne selbst dabei Gewinn machen zu wollen.

Künstlersozialversicherungs-Fonds

Die SMart Initiatorinnen in Wien, Sabine Kock, Katharina Dilena und Andrea Wälzl, arbeiten abseits vom Verein in der Interessensgemeinschaft Freie Theaterarbeit. Sabine Kock war jahrelang Vorsitzende des Kulturats Österreich, einem Zusammenschluss aller Interessensvertretungen im Kunst- und Kulturbereich. Damals im Jahr 2008 wurde die soziale Lage der Künstler und Künstlerinnen analysiert.

Seit dem haben sich nur wenige Dinge verändert, allerdings wurde zum Beispiel der Zugang um Künstlersozialversicherungs-Fonds auf Initiative des Kulturministeriums erleichtert. Dieser Fonds, kurz KSVF, unterstützt Kunst- und Kulturschaffende bei der Zahlung ihrer Sozialversicherungsbeiträge an die Versicherung der Gewerblichen Wirtschaft, der SVA. Die können sich viele nämlich nicht leisten.

Service

Smart - Das Büro für Künstler/innen und Kreative

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