"gehört"-Kolumne von Franz Zeller

Wir haben uns wegrationalisiert

In den nächsten zwanzig Jahren wird jeder zweite Arbeitsplatz durch einen Computer oder Roboter ersetzt, sagen zwei Forscher der Universität Oxford. Eine schaurige Vorstellung? Ja, aber mit Hoffnung.

Menschen in anspruchsvollen Berufen haben sich lange Zeit sicher gewähnt vor den Maschinen. Jetzt scheint eine Schwelle überschritten zu sein, hinter der auch bürgerliche Berufe von künstlicher Halbintelligenz übernommen werden. Carl Benedikt Frey und Michael Osborne setzen in ihrer Studie etwa Bankangestellte, Buchhalter und Immobilienmakler auf die rote Liste der vom Aussterben bedrohten Job-Arten. Haben uns die Roboter bisher beim Arbeiten vor allem unterstützt, übernehmen sie jetzt in vielen Feldern die Kontrolle. Selbst Köche, Busfahrer und Piloten müssen um ihre Erwerbsbasis fürchten.

Damit wären wir endlich an dem Punkt angelangt, an dem die Wirtschaft zwar rechnerisch wächst, aber die Konsumenten abschafft – mit einem entscheidenden Nachteil für das auf Wachstum basierende System: Wer nichts verdient, kann auch nicht konsumieren.

Schon seit rund zwanzig Jahren sinken die Einkommen aus angestellten Tätigkeiten, während die sogenannten „arbeitslosen“ Einkommen, etwa aus Finanzerträgen oder auch aus Besitz, von Jahr zu Jahr steigen. Diese Schere hat sich also schon vor zwei Jahrzehnten geöffnet. Der weitgehende Verzicht auf Mitarbeiter wäre nur die logische Konsequenz nach ihrer finanziellen Austrocknung. Und dass sich dies eine Gesellschaft nicht gefallen lässt, die die Produktionsmittel ja selbst weiterentwickelt hat, ist auch klar.

Zu Jahresbeginn erlaube ich mir daher einen frommen Wunsch, gepaart mit einer Überlegung: Maschinen treiben uns seit rund 150 Jahren vor sich her. Sie haben die Webstühle übernommen, die Kutschen ersetzt oder den Schmieden den Hammer aus der Hand gerissen. Nun übernehmen sie Arbeiten, die bis vor kurzem nur kraft der Wabbelmasse unter unserer Schädeldecke verrichtet werden konnten. Das ist ein massiverer Eingriff als alles zuvor. Aber statt uns in typisch österreichischer Manier als Opfer zu verstehen, könnte man diesen Paradigmenwechsel auch als Chance sehen. Wenn es keine Lohnarbeit mehr gibt, müssen wir auch das Einkommen von der Arbeit entkoppeln und stattdessen zu einem Grundeinkommen übergehen.

Unbezahlte Arbeit wartet jede Menge auf uns. Was spricht dagegen, sich kommunal in einem Bildungsprojekt zu engagieren, sich etwas mehr um die gehbehinderte Seniorin in der Wohnung nebenan zu kümmern oder ein Reparaturprojekt aufzuziehen. Endlich würden uns die Maschinen Zeit schenken, wichtige Dinge anzugehen.