"Rechnitz" von Elfriede Jelinek in Salzburg

Auf dem Areal des burgenländischen Schlosses Rechnitz wurden im März 1945 während eines Nazi-Festes 180 jüdische Zwangsarbeiter abgeknallt. Elfriede Jelinek hat das Massaker ins Zentrum ihres gleichnamigen Textes gestellt. Ab Morgen ist das Stück in der Regie von Peter Arp im Schauspielhaus Salzburg zu sehen.

Szenenbild aus "Rechnitz"

Schauspielhaus Salzburg, Manuela Seethaler

Kulturjournal, 02.03.2015

In mehr als 100 Seiten umkreist Elfriede Jelinek das maßlose Verbrechen, verflicht Geschichtliches mit Rechtfertigungen, spannt den Bogen ins Heute. Ungekürzt würde der gewaltige Text vier Stunden oder mehr dauern; in Salzburg wurde er energisch eingekürzt und auf fünf Spieler und Spielerinnen verteilt. Die Autorin macht sie zu Boten, die von den Ereignissen der mörderischen Nacht erzählen.

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Schauspielhaus Salzburg - Rechnitz

"Kaleidoskop der Wahrnehmung"

Jelinek schreibt in der Sprache der Täter - zynisch, herablassend, brutal, darauf müssen sich die Spieler einlassen, so Peter Arp: "Jelinek bietet die Sprache der Boten an, der Täter an. Jelinek bietet an, dass man sich mit unterschiedlichen Perspektiven identifiziert, aber nur für den Augenblick. Daher Boten, die keine persönliche Stellung beziehen, aber immer alles sein können, und daher entsteht ein Kaleidoskop der Wahrnehmung, das idealerweise den Zuhörern immer den Boden der Gewissheit unter den Füßen hinwegzieht."

Was ihn als Regisseur zusätzlich an diesem Text fasziniert: Dass sich aus Jelineks 2008 uraufgeführten Werk auch Bezüge zum Heute herauslesen lassen - wenn wir an die Ukraine, den Euro oder an Griechenland denken und die Rolle, die Deutschland spielt.

Auf der Bühne stehen Ulrike Arp, Bernadette Heidegger und Christiane Warnecke sowie Markus Marotte und Olaf Salzer. Die Spielfläche, ein zerbrochenes Kreuz, liegt inmitten der Zuschauer, das Publikum sitzt an drei Seiten sehr nahe dran, wird direkt angesprochen und angespielt. Mit dem Spiel geht diese Produktion allerdings sparsam um, setzt mehr auf die Imagination des Publikums, führt nicht zusätzlich vor Augen, wovon der Text ohnehin schon spricht. Der herausfordernd ist, für das Ensemble und für das Publikum.

Rechnitz bleibt der österreichischen Geschichte eingeschrieben, auch deswegen, weil die Ermordeten nicht gefunden und die Täter nicht zur Rechenschaft gezogen wurden.

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