Korruptionsskandal in Brasilien

In Brasilien sorgt der Korruptionsskandal rund um den halbstaatlichen Erdölkonzern Petrobras für Aufregung und bringt die Regierung unter Druck. Am Freitag hat das oberste Gericht Brasiliens Ermittlungen gegen 47 hochrangige Politiker genehmigt. Darunter ehemalige Minister, Gouverneure, Senatoren und Parlamentsabgeordnete.

Morgenjournal, 9.3.2015

Aus Rio,

Die Politiker und Beamten sollen über den Staatskonzern Geld in Milliardenhöhe abgezweigt haben. Die Mehrheit der Verdächtigen gehört verschiedenen Parteien der Regierungskoalition von Präsidentin Dilma Rousseff an. Die Präsidentin selbst befindet sich nicht auf der Liste.

Die Präsidenten von Senat und Abgeordnetenkammer, die ehemalige Kabinettschefin von Präsidentin Dilma Rousseff, der Schatzmeister der Arbeiterpartei – tagelang war sie mit Spannung erwartet worden: die Liste jener Spitzenpolitiker, die von der Staatsanwaltschaft verdächtigt werden, an einem der größten Schmiergeldskandale Brasiliens beteiligt zu sein. Es geht um 3,4 Milliarden Euro. Baukonzerne zahlten Bestechungsgelder an den Staatskonzern Petrobras, um Aufträge zu erhalten.

Das Geld wurde reingewaschen und landete schließlich in verschiedenen Parteikassen. Die überwiegende Mehrheit der Verdächtigen – 32 von 47 – gehört der konservativen Fortschrittspartei an, einem Koalitionspartner von Dilma Rousseff, 7 weitere der Zentrumspartei PMDB und 6 der regierenden Arbeiterpartei selbst. Am Wochenende wies Justizminister José Eduardo Cardozo Vorwürfe zurück, die Regierung würde in Ermittlungen eingreifen: „Die Bundesregierung hat hier weder Namen streichen, noch auf die Liste setzen lassen. Kann sein, dass solche Dinge unter vergangenen Regierungen üblich waren. Aber heute haben wir unabhängige Institutionen, die ihre Arbeit machen.“

Seit über einem Jahr ermittelt die Polizei im Rahmen der Operation „Lava-Jato“ (zu deutsch: Autowaschanlage). Es gab Hausdurchsuchungen bei großen Baukonzernen, Verhaftungen von Top-Managern. Ins Rollen kam die Affäre, als sich Ex-Petrobras-Direktor Paulo Roberto Costa im Sommer zu einer umfangreichen Aussage entschloss, um seine eigene Strafe zu mildern. Für Präsidentin Dilma Rousseff, die im Jänner erst ihre zweite Amtszeit angetreten hat, ist der Skandal mehr als unangenehm. Immerhin war sie während der Regierung von Präsident Lula selbst Energieministerin und Vorstandsvorsitzende der Petrobras. Gegen Dilma Rousseff höchstpersönlich gebe es aber derzeit keine Ermittlungen, erklärt der Justizminister: „Das Höchstgericht hat selbst gesagt: es gibt nicht die geringsten Indizien oder Beweise, die Ermittlungen gegen die Präsidentin rechtfertigen würden.“

Dafür findet sich ein anderer ehemaliger Präsident Brasiliens auf der Liste der Staatsanwaltschaft: Senator Fernando Collor de Mello wurde 1990 der erste direkt vom Volk gewählte Präsident nach Ende der Militärdiktatur. Schon zwei Jahre später musste er zurücktreten: wegen Korruptionsvorwürfen. Die aktuelle Liste dürfte erst der Anfang sein. Demnächst will die Staatsanwaltschaft auch Ermittlungen gegen mehrere Gouverneure beantragen.