Flüchtlingstragödien im Burgtheater

Kommende Woche hat Elfriede Jelineks "Die Schutzbefohlenen" im Burgtheater Premiere. Es behandelt die Flüchtlingstragödien im Mittelmeer und die Proteste von Asylwerbern in der Wiener Votivkirche vor zwei Jahren.

Parallel dazu soll der Text von Elfriede Jelinek auch den Betroffenen zugänglich zu machen; gestern Abend wurde das Projekt "Die, should sea be fallen in" im Vestibül des Burgtheaters präsentiert.

Morgenjournal, 20.3.2015

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Burgtheater - Die Schutzbefohlenen

Mitten im Vestibül nimmt eine Gruppe von Menschen auf dem Boden Platz und taucht ein in eine Art Sprachsymphonie aus sechs verschiedenen Sprachen, Monologen, Dialogen und chorischen Stellen.

Am Anfang stand das schwierige Vorhaben, den gesamten Text zu übersetzen, erzählt Jennifer Weiß, eine der 25 Beteiligten. Doch das Stimmengewirr und das sprachliche Chaos bei den Zusammenkünften habe sie auf die Idee gebracht, eine verbindende Sprache zwischen Pashtu und Deutsch, Urdu und Englisch, Tuschetisch und Georgisch zu finden.

Variationen, Echos und Soundpoesie

Gearbeitet wurde schließlich mit einigen wenigen Zeilen aus dem Originaltext, die in eine musikalische Kommunikation aus sprachlichen Variationen, Echos und gesammelter Soundpoesie verwandelt wurden. Es geht um sprechen, entsprechen und widersprechen, und vor allem um das gegenseitige Zuhören, so die Erkenntnis der Beteiligten nach dem zweimonatigen Probenprozess.

Die 25 Menschen ließen jeweils ihre ganz unterschiedlichen Erfahrungen in die Übersetzung einfließen, sagt Nisar Ali, einer der Asylwerber aus der Votivkirche. Vor drei Jahren kam er aus Pakistan nach Österreich. Auf seinen Asylbescheid wartet er noch immer, ebenso wie etliche andere aus der Gruppe, erzählt Jahangir Mir, ein anderer der Flüchtlinge.

"Seither hat sich nichts geändert"

Das Arbeitsverbot während der Wartezeit mache den Asylwerbern am meisten zu schaffen. Für Jahangir Mir war das Übersetzungsprojekt eine seltene Gelegenheit sinnvoller Beschäftigung. Manche Flüchtlinge aus der Votivkirche wurden abgeschoben, einige erhielten in der Zwischenzeit einen positiven Bescheid. Das System habe sich seither nicht geändert, aber zumindest die Wahrnehmung mancher Flüchtlingsgruppen, sagt Nisar Ali. Menschen aus Pakistan, die vorher bedingungslos abgeschoben wurden, bekämen jetzt die Chance auf ein faires Verfahren.

Jelineks "Die Schutzbefohlenen" hat morgen in einer Woche Premiere im Burgtheater. Der Regisseur Gerald Hauzenberger arbeitet derzeit an einem Dokumentarfilm über die Flüchtlinge.

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