"Kulturjournal"-Serie in der Karwoche

Reportagen aus Südafrika - Teil 1

Am 20. April gibt es im Wiener Konzerthaus ein großes Benefizkonzert mit Johan Botha und Pretty Yende, der wohl bekanntesten südafrikanischen Sänger/innen. Anlass sind die Feierlichkeiten Südafrikas zum 20-Jahr-Jubiläum von Freiheit und Demokratie.

Der Erlös dieses Konzertabends wird für die Errichtung eines "Nelson Mandela Kinderkrankenhauses" in Johannesburg verwendet.

Kulturjournal, 30.03.2015

Nelson Mandela, der erste demokratisch gewählte Präsident Südafrikas, war einer der wichtigsten Wegbereiter des versöhnlichen Übergangs von der Apartheid zum gleichheitsorientierten, demokratischen Staatswesen. Ihm, dieser 2013 verstorbenen Ikone, ist auch das Wiener Konzert gewidmet.

Der Erlös des Konzertabends wird für die Errichtung des Nelson-Mandela-Kinderkrankenhauses in Johannesburg verwendet. Es war Nelson Mandelas letzter Wunsch, ein Kinderkrankenhaus in Johannesburg zu errichten; die zweite medizinische Einrichtung dieser Art in Südafrika und die fünfte auf dem gesamten afrikanischen Kontinent.

Johannesburg

Die 4-Millionen-Metropole Johannesburg dehnt sich über eine riesige Fläche von rund 40 mal 40 Kilometern aus und verfügt über eine verwirrende Vielfalt von Stadtteilen, "Suburbs" genannt. Auch nach Ende der Apartheid werden sie von mehr oder weniger wohlhabenden Südafrikanern bewohnt, sind eher "weiß" oder eher "schwarz", sind reine Wohngegenden oder mit Industrieansiedlungen durchsetzt.

Einstmals trendige, lebhafte Wohngegenden mit teuren Apartmenthäusern wurden nach dem Ende der Apartheid von Migranten aus Zimbabwe und anderen Problemzonen Afrikas besetzt. Drogendealer und organisierte Kriminalität hielten Einzug und machten sie zu gefährlichen Gegenden, die Johannesburg lange Zeit den Ruf der gefährlichsten Stadt der Welt eingebracht haben.

Soweto - nicht nur arm

Im Südwesten der Stadt liegt Soweto, das berühmteste schwarze Township. Während des Apartheid-Regimes wurde Soweto für die schwarze Bevölkerung stark ausgebaut, die bis dahin in Gebieten lebte, die von der Regierung als "weiße" Viertel bestimmt wurden. Heute ist Soweto eine der ärmsten Gegenden Johannesburgs. Es gibt aber Erfolge beim wirtschaftlichen Aufschwung und mit städtebaulichen Aufwertungsmaßnahmen. Auch hat die Universität von Johannesburg hier ihren Soweto Campus. Ein Teil der Bevölkerung lebt heute auch vom Tourismus, denn hier befindet sich das erste Wohnhaus Nelson Mandelas, in dem er vor seiner Inhaftierung gewohnt hat.

An allen Ecken und Enden wird man daran erinnert, dass Mandela ein enges Verhältnis zur traditionellen afrikanischen Musik gepflegt hat. Nach seiner Haftentlassung tanzte er gelegentlich bei Konzerten auf der Bühne. Und auch während seiner Gefangenschaft unterstützten ihn viele Musiker im Land: Sie schrieben ihm zu Ehren Songs oder thematisierten sein Engagement, seine Gefangenschaft und seine Vision eines versöhnten und vereinten Südafrikas. Eines der bekanntesten Solidaritätslieder für Mandela ist "Free Nelson Mandela", komponiert von Jerry Dammers. Zum Tod Nelson Mandelas schrieb der nigerianische Reggae-Musiker Duncan Mighty das Lied "Madiba Mandela".

Heute kann man Nelson Mandelas erstes Wohnhaus ebenso besuchen, wie das Nelson Mandela Museum. Hier kann man neben Fotos, persönlichen Gegenständen Mandelas auch Einsicht in die persönliche Korrespondenz nehmen oder die dem Original nachgebauten winzigen Gefängniszelle besuchen. Das Interesse ist nach wie vor groß - auch von Seiten der Einheimischen; die Ikone lebt.

Nelson Mandela Foundation

Die Nelson Mandela Foundation (NMF) wurde 1999 gegründet, um Projekte umzusetzen, die Mandela selbst während seiner Amtszeit als Präsident nicht umsetzen konnte. Sie ist eine gemeinnützige Organisation. Das Nelson Mandela Centre of Memory kümmert sich, neben allgemeinen sozialen Themen, dem Dialog im Kampf gegen Ausländerfeindlichkeit und Rassismus, auch recht erfolgreich um die HIV/AIDS-Problematik. Schwestergesellschaften der NMF sind der Nelson Mandela Children’s Fund und die Mandela Rhodes Foundation.

Der Nelson Mandela Fund finanziert auch den Bau des Kinderspitals von rund 91 Mio. Euro - bis heute konnten rund 55 Mio. Euro gesammelt werden. Der Rohbau steht 2016 soll eröffnet werden. Zurzeit gibt es für eine halbe Billion Kinder in Afrika viel Kinderspitäler; in Südafrika gibt es für 215 Mio. Kinder gibt es zwei. Es soll kostenlos für Arme sein und auch eine Familienstation haben. Das ist besonders für mittellose wichtig die zurzeit nicht einmal zu einem Arzt vordringen.

Eines der ärmsten Gebiete

Alexandra Township zum Beispiel ist eines der ärmsten und gefährlichsten Gebiete des Landes. Auf acht km² leben laut einer Volkszählung 2011 offiziell rund 180.000 Einwohner. In Wirklichkeit sind es viel mehr die in ihren Blech oder sonstigen Hütten Wand an Wand leben. 20 bis 30 unterschiedliche Kulturen und Stämme sind da auf engstem Raum zusammen. Nur wenigen gelingt der Absprung in ein besseres Leben.

Jeff Mulaudzi ist auf dem Weg dorthin. Er studiert Tourismus und hat jetzt schon ein Geschäft: Er macht Führungen per Rad durch Alexandra Township. Er will auch den Einheimischen die Angst vor Alexander Township nehmen. Alexandra ist nicht so gefährlich wie alle behaupten - behauptet er.

Jedenfalls bietet das neue Kinderspital auch den Kindern von Alexandra Township eine Hoffnung auf Überleben. Und für die wird gesammelt was das Zeug hält: Da sammeln Kinder für Kinder, da wird Selbstgebackenes verkauft. Es geht von der kleinsten Privatspende über Konzerte bis zu großen internationalen Firmen. Künstler als sammelnde Botschafter sind besonders wichtig, weil sie die Botschaft auch außer Landes tragen.

Das Market Theatre

Westlich der Innenstadt, in Newtown neben dem Museum Africa, ist das legendäre Market Theatre. Das spielte während der Apartheid eine große Rolle, denn es stellte sich dieser Ideologie entgegen - mit gemischten und gesellschaftskritischen Produktionen. Heute beherbergt es Tanz und Comedy Shows, Schauspiel und Lesungen wie Schulprojekte. Ein Projekt mit Taubstummen Kindern etwa, womit es seiner gesellschaftspolitischen Linie durchaus treu geblieben ist.

Johannesburg ist nicht die typische Touristenstadt. Die meisten kommen auf der Durchreise her und nützen die Chance quasi im Vorbeigehen ein paar Museen, interessante Galerien oder die Mandela-Gedenkstätten mitzunehmen. Und das möglichst im Rahmen einer Führung, denn ungefährlich ist dies Stadt mit ihren Townships und Armenvierteln noch immer nicht.

Doch trotz allem ist Südafrika ein Land der Hoffnung, der mannigfaltigen Kulturen, die jetzt gelebt werden dürfen - und des Fortschritts.

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