"Kulturjournal"-Serie in der Karwoche

Reportagen aus Südafrika - Teil 2

Die schwarze Sängerin Yvonne Chaka Chaka zählt zu den größten Stars Südafrikas. Während der Apartheid hat sie nicht nur ihr schwarzes Publikum mit ihren sozialkritischen Liedern begeistert und wird deshalb häufig als "Princess of Africa" bezeichnet.

Später hat sie bei vielen offiziellen Anlässen, unter anderem zum 85. Geburtstag von Nelson Mandela, gesungen, mit dem sie auch befreundet war. 2012 erschien ihr Album "Amazing Man", eine Hommage an Mandela. Ein Porträt.

Kulturjournal, 31.03.2015

Yvonne Chaka Chaka wird verehrt wie eine Heilige - nicht nur, aber vor allem in den Townships, den Armenvierteln Johannesburgs. Selbst in armen Verhältnissen aufgewachsen, hat sie den Menschen während der Apartheid Hoffnung und Würde gegeben. Ihre Lieder bildeten eine Plattform gegen soziale Ungerechtigkeit. Mit Liedern wie "Motherland", in dem sie sich als Fremde im eigenen Land zeigt, oder "I cry for Freedom" hatte sie über jene gesungen, die ins Exil gegangen sind und hoffentlich zurückkommen würden, wenn der Sturm vorüber sei.

"Wir waren nur Fußmatten"

"Während der Apartheid war es schon riskant kritische Texte zu singen, aber als Musiker ist man es gewohnt kreativ zu sein. So war auch ich kreativ und habe die Texte so geschrieben, dass meine Leute sehr genau gewusst haben, wie sie gemeint waren", erinnert sich die Künstlerin. "Ein Lied mit dem Titel 'Wir brauchen Mandela' haben wir in 'Mein Liebling, ich werde gewinnen' geändert. Habe ich diese Worte auf der Bühne gesungen, dann haben meine Leute über die eigentliche Bedeutung Bescheid gewusst. Natürlich war es manchmal gefährlich, aber viele von uns haben entschieden, nicht mit den Händen im Schoss sitzen zu bleiben und abzuwarten was passiert. Ich glaube ja ganz fest, dass Musik Botschaften besser verbreiten kann, als alles andere. Wir Schwarzen waren damals nicht mehr als Fußmatten, 'No name people'."

Geboren wurde Yvonne Chaka Chaka 1965 im Township Soveto. Soveto wurde ja während des Apartheid-Regimes für die schwarze Bevölkerung ausgebaut, die bis dahin in Vierteln gelebt hatte, die von der Regierung als "weiße" Viertel bestimmt wurden. In Soveto befindet sich auch das erste Wohnhaus Nelson Mandelas in dem er vor seiner Inhaftierung gewohnt hat. Doch den lernte Yvonn Chaka Chaka erst viel später kennen.

Das zornige Kind

Als sie aufwuchs, waren die Lebensumstände alles andere als einfach: Ihr Vater starb als sie elf Jahre alt war. Die Regierung nahm daraufhin der Mutter das Haus weg; als schwarze Frau ohne Mann hatte sie jegliches Recht verwirkt ein Haus zu besitzen. Die Familie musste zu einer weißen Frau ziehen, bei der Chaka Chakas Mutter als Dienstbote arbeitete.

Die Schule in ihrer Straße durften die Kinder nicht besuchen, sie nur weißen Kindern vorbehalten. Der Schulweg war oft ein Spießrutenlauf, denn die weißen Kinder öffneten aus Spaß die Gartentore und ließen die scharfen Hunde ihrer Eltern den schwarzen Kindern hinterherjagen.

"Ich wurde ein sehr zorniges Kind", erinnert sich Chaka Chaka. "Ich war voll des Hasses, denn ich fühlte mich misshandelt. Ich wollte Rache. Wissen sie, wenn man so behandelt wird, dann will man die Freiheit umso mehr. Man will Teil des Systems sein. Geliebt und respektiert, einfach weil man ein menschliches Wesen ist. Aber es gab auch gute weiße Menschen. Eine weiße Frau zum Beispiel hat meiner Mutter geholfen unser Haus wiederzubekommen. Sie kämpfte gegen die Regierung, gegen das Regime. Als es gelungen war, fühlte ich mich aber umso trauriger. Denn wenn die Nachbarn meine Mutter im Salon gesehen haben, riefen sie oft die Polizei und forderten, dass wir wieder ins Township ziehen sollen. Dort gehörten wir ihrer Meinung nach hin."

Chaka Chakas erster Hit

Die Mutter legte größten Wert auf Erziehung und Bildung, sorgte dafür, dass alle drei Kinder studieren konnten. Yvonne schloss ihr Studium für Erwachsenenbildung und Verwaltungswissenschaft an der Universität von Südafrika ab. Mit 19 Jahren hatte sie ihren ersten Hit "I'm in Love With a DJ". Mit diesem Lied wurde die Disco-Music südafrikanischer Prägung, auch "Bubblegum" genannt, im südlichen Afrika populär. Chaka Chaka wurde zu einer der populärsten Sängerinnen des Landes.

"Durch meine Musik habe ich mein Leben und das meiner Familie verbessert, habe mich selbst aus dem Elend gebracht. Ich habe darin von den Gewalttaten erzählt, die wir in Südafrika erfahren haben. Ich habe mich für gute Bildung eingesetzt, für Gesundheitswesen, gute Infrastruktur. Und ich habe junge Mädchen und Frauen darin bestärkt."

Nelson Mandela

1990 wurde Nelson Mandela nach 27 Jahren aus der Haft entlassen. Er war es, der Yvonne Chaka Chaka kontaktierte und kennen lernen wollte. Und er lehrte sie das Verzeihen.Dem Mann, der so gekämpft hat um den Schwarzen ihre Würde zurückzugeben, dem konnte man nicht nein sagen, meint sie heute.

2006 erschien mit "Celebrated Life" erstmals ein Gospelalbum Chaka Chakas. 2012 erschien ihr Album "Amazing Man", eine Hommage an Mandela. Heute singt Yvonne Chaka Chaka nach wie vor über das Gute und Schlechte das sie sieht - aber offen. Sie muss es nicht mehr umschreiben. Und sie beschränkt sich nicht mehr auf Südafrika.

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