Hermann Nitsch: Zwischen Blasphemie und Steuerfahndung

Die Kunstwelt verdankt ihm Aktionen und Arbeiten so legendär wie schwer verdaulich. Gemeinsam mit Günter Brus, Otto Mühl und Peter Weibl gehört Hermann Nitsch zu den prägenden Figuren des Wiener Aktionismus. In den 1960er Jahren machen die Aktionisten den Körper seine Funktionen, Säfte und Ausscheidungen zum Material ihrer Kunst: Blut, Tierkadaver, Gedärme und nackte Körper sind bis heute die Bestandteile von Hermann Nitschs Orgien-Mysterien-Theater.

Mittagsjournal, 04.04.2015

Hermann Nitsch im Gespräch mit Christine Scheucher

Hermann Nitsch

ORF/URSULA HUMMEL-BERGER

Tod und Leid

In seiner Kunst integriert Hermann Nitsch christliche Symbole, was ihm nicht zuletzt den Vorwurf der Blasphemie eingebracht hat. Dabei stellt Hermann Nitsch in seinem Orgien-Mysterien-Theater tiefreligiöse Fragen. Gemeinsam mit den Wiener Aktionisten erschütterte Hermann Nitsch das spießbürgerliche Nachkriegsösterreich. Heute ist er ein hochdekorierter Künstler, dem ein eigenes Museum in Mistelbach gewidmet ist. "Meine Arbeit ist ganz stark von der griechischen Tragödie beeinflusst. Da geht es immer um den Tod und das Leiden. Das Theater, das Drama beschäftigt sich mit dem Tod. Ich würde sagen, wir haben ein Wunschdenken in Richtung Geburt, Wiederkehr, in Richtung Auferstehung. Und ich möchte mit meiner Arbeit alles zeigen."

Freiheit der Kunst

Den Blasphemie-Paragrafen sollte man abschaffen, meint Nitsch. Er habe nie die Absicht gehabt, irgend eine Religion zu schänden oder lächerlich zu machen. "Für mich hat eine sogenannte Blasphemie eher etwas Schöpferisches. Ich glaube, dass man religiöse Symbole stärker begreift, wenn man sich ihnen blasphemisch nähert, als man nähert sich ihnen gar nicht."

Kein willentlicher Vorsatz

Im vergangenen Jahr war Nitsch im Visier der Steuerfahndung. Ihm wurde vorgeworfen, Bilder verkauft, aber nicht versteuert zu haben. Nitsch wollte dazu nichts sagen, weil "es auch noch gar nicht entschieden ist. Ich kann nur eines sagen, dass ich die meisten meiner Spiele, die großen, die wirklich Millionen kosten, mir selber bezahlt habe. Mehr kann ich nicht sagen. Vielleicht ist das Ganze nicht so genau zugegangen, aber es war kein willentlicher Vorsatz. Aber ich möchte betonen, dass ich für meine Spiele, die ungeheuer viel Geld gekostet haben, habe ich keinerlei Subventionen gekriegt, im Gegenteil: nur Schwierigkeiten."