"Faust" mit Wilson und Grönemeyer in Berlin

In Berlin ist seit gestern eine besondere Variante von Goethes Faust zu sehen - als Musiktheater. Der US-amerikanische Regisseur Robert Wilson und der deutsche Musiker Herbert Grönemeyer bringen gemeinsam "Faust 1 und 2" auf die Bühne des Berliner Ensembles. Gestern Abend war Premiere.

Morgenjournal, 23.4.2015

Aus Berlin,

Der "Faust" von Johann Wolfgang von Goethe gilt als meistzitierte Werk der deutschen Literatur. Fast jeder Regisseur will sich einmal in seinem Leben daran versuchen. Es gibt legendäre Inszenierungen - manche davon haben zwölf Stunden oder sogar mehrere Tage gedauert.

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Berliner Ensemble - Faust I und II

"Faust 1 und 2" als Gemeinschaftsprojekt dreier Pop-Stars: Goethe / Wilson / Grönemeyer. So steht es auch auf dem Ankündigungsplakat. Der für seine expressionistischen Bühnenbilder bekannte Regisseur Robert Wilson hat sich schon in vielen Projekten dem Faust-Stoff genähert. Jetzt nimmt er sich zum ersten Mal das Goethesche Original vor - gemeinsam mit Herbert Grönemeyer.

Spiel mit Licht und Schatten

Herausgekommen ist eine spektakuläre und unterhaltsame Mischung aus Bild- und Musiktheater. Die Textvorlage des großen deutschen Klassikers wurde stark zusammengestrichen - mit texanischer Leichtigkeit eben. Besonders viel Liebe und Aufwand widmet der Regisseur der Lichtregie und den Kostümen. Wie so oft bei Robert Wilson dominiert auch in dieser Inszenierung das Spiel mit Licht und Schatten. Die Figuren sehen aus wie expressionistische Stummfilmgestalten - mit weiß geschminkten Gesichtern.

Den Gelehrten Faust gibt es gleich fünf Mal. Die Schauspieler teilen sich den Text oder sie verstärken ihn durch Wiederholung. Das Gretchen wird von drei Schauspielerinnen gespielt. Für die Inszenierung hat sich Robert Wilson auch viele Schauspielstudenten aus der berühmten Schauspielschule Ernst Busch in Berlin geholt. Nur den teuflischen Mephisto - sehr überzeugend von Christopher Nell gespielt - gibt es in dieser Inszenierung nur einmal.

Immer wieder gehen bekannte Zitate in die Lieder über, die Herbert Grönemeyer für die Produktion geschrieben hat. Sein Texter war kein geringerer als Altmeister Goethe selbst. Einige dieser Lieder haben absolute Ohrwurmqualität. Das Duo Wilson-Grönemeyer hat eine Art Kunst-Musical geschaffen. Einen leichten Faust mit starken Bildern.