Ausstellung Wiener Kongress

Heute vor 200 Jahren, am 9. Juni 1815, wurde im Kongresssaal des Bundeskanzleramts die Schlussakte des "Wiener Kongresses" unterzeichnet. Damit ging die bis dahin größte diplomatische Konferenz zu Ende. Eine Ausstellung im Bundeskanzleramt und in mehreren angrenzenden Räumen der Hofburg erinnert nun an das diplomatische Groß-Spektakel, mit dem die Landkarte Europas nach den napoleonischen Kriegen neu gezeichnet worden ist.

Morgenjournal, 9.6.2015

200 Jahre Wiener Kongress - man mag sich nicht vorstellen, was Bruno Kreisky aus diesem Gedenktag gemacht hätte: Ein glanzvolles, europäisches Gipfeltreffen wäre wohl das Mindeste gewesen, mehrere Staatschefs in Wien, dazu diverse Symposien und Kongresse und das eine oder andere erhellende Wort des Regierungschefs persönlich zur historischen Bedeutung des Wiener Kongresses. Kreisky wäre dazu etwas eingefallen. Und heute? Wenn es nach der Spitzenpolitik gegangen wäre, wäre wahrscheinlich gar nichts passiert. Es ist der Initiative eines Spitzenbeamten zu verdanken - Manfred Matzka, Präsidialchef im Bundeskanzleramt, dass wenigstens diese Ausstellung zum 200. Jahrestag des Wiener Kongresses zustande gekommen ist.

"Wir sind hier im Kongresssaal des Bundeskanzleramts, das ist jener Ort, wo wirklich der Kongress stattgefunden hat. Und hier liegt in einer Panzervitrine die Schlussakte des Wiener Kongresses. Das ist ein Buch mit rotem Samtüberzug und Metallbeschlägen, das sieht sehr repräsentativ aus: Es enthält den kompletten Text der Verträge und die Unterschriften mit den Siegeln der Teilnehmer", erklärt Manfred Matzka.

"Man kann Stabilität schaffen"

In der kritischen Geschichtsschreibung hatte der Wiener Kongress lange Zeit eine schlechte Nachred': Ein Gipfeltreffen der europäischen Reaktion wäre der diplomatische Event gewesen, die Träume der europäischen Völker von Demokratie und nationaler Selbstbestimmung hätten mit der Unterfertigung der Schlussakte auf Jahrzehnte hinaus begraben werden müssen. Ausstellungs-Initiator Manfred Matzka plädiert für eine differenziertere Sicht der Dinge:

"Vom Ergebnis her gab's danach zwei bis drei Generationen von jungen Männern, die nicht in den Krieg ziehen mussten. Man soll das natürlich nicht verherrlichen, aber die Idee ist klar: Man kann sich zusammensetzen, man kann Völkerrecht normieren, man kann Mächte ausbalancieren und damit Stabilität schaffen. Und das ist schon eine moderne Idee für Europa, und deswegen heißt ja auch diese Ausstellung 'Idee Europa', damit versuchen wir auch diese Aktualität herauszuarbeiten."

"Polizeipolitiker" Metternich

Der Historiker Wolfgang Maderthaner, Chef des österreichischen Staatsarchivs, zeichnet zusammen mit dem Ausstellungsarchitekten Hans Hoffer für die Gestaltung der Schau verantwortlich. Den Organisator des Wiener Kongresses, Österreichs Außenminister Metternich, sieht Maderthaner so:

"Metternich war unzweifelhaft ein begnadeter Realpolitiker. Die von ihm begründete europäische Ordnung hat im Wesentlichen Bestand bis zum Ersten Weltkrieg. Was Metternich auch war: Er war ein Polizeipolitiker, das darf keinesfalls vergessen werden. Metternich hat ein hochkomplexes Spitzelsystem aufgezogen, über das er zum bestinformierten Mann des Kongresses und damit Europas wurde."

Service

Die Ausstellung "Idee Europa" ist bis 31. Oktober im Bundeskanzleramt und in mehreren angrenzenden Räumen der Hofburg zu sehen. Der Eintritt ist frei, Führungen werden empfohlen.

Bundeskanzleramt - Idee Europa - 200 Jahre Wiener Kongress