Tuberkulose: Kritik an Geheimhaltung
Lange Zeit hat sie in unseren Breiten als fast nicht mehr existent gegolten - jetzt taucht sie wieder auf: die Tuberkulose. Jetzt wurden an Wiener Schulen Fälle von Tuberkulose-Erkrankungen festgestellt. Betroffen sind drei Personen, die sich an insgesamt vier Schulen aufgehalten haben. Das Büro der Wiener Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely (SPÖ) will aber nicht bekanntgeben, an welchen Schulen - und hat sich dabei auf Datenschutz berufen - fälschlicherweise, wie Datenschutzexperten versichern.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 12.6.2015
Es ist eine Grundsatzfrage: Wieviel an Wahrheit darf und muss die hohe Behörde dem Publikum, bzw. die Politik den Wählern zumuten? Nicht gar so viel, meint offenbar der Gesundheitsdienst der Stadt Wien und die ihm vorgesetzte Stadträtin Sonja Wehsely, SPÖ. Denn: Die volle Bezeichnung der vier betroffenen Schulen wird in den Medien nicht veröffentlicht. Da stehe der Datenschutz entgegen, wurde den Medien beschieden: Was allerdings zwei vom Ö1-Morgenjournal konfrontierte Datenschutzexperten zurückweisen.
Erstens Verfassungsrechtsprofessor Daniel Ennöckl, der sich übrigens mit dem Thema Recht auf Privatsphäre habilitiert hat: Er halte die Auffassung der Stadt Wien für falsch, lässt er in einem e-mail wissen. Und zweitens Hans Zeger, Mitglied des österreichischen Datenschutzrates, sowie Obmann der Gesellschaft für Datenschutz. Zeger im Originalton: das Datenschutzgesetz erlaube es selbstverständlich, dass wichtige Informationen der Behörden an die Bürger weitergegeben werden. Es sei eine Frechheit, dass man ein Grundrecht als Vorwand verwende, um Behördentätigkeiten zu verschleiern.
Susanne Schmid, Vizepräsidentin des Bundesverbandes der Elternvereine an mittleren und höheren Schulen, von Beruf Ärztin, will sich dem Ärger Zegers nicht anschließen. Früher führte Tuberkulose zu sozialer Ausgrenzung. Deshalb sei die Reaktion verständlich. Alle Kontaktpersonen würden vom Gesundheitsamt kontrolliert und die Krankheit sei heute perfekt behandelbar.
Elternvertreterin Schmid verweist darauf, dass an den betroffenen Schulen ohnehin alle informiert werden. Zuwenig sei das, findet Datenexperte Zeger, und fordert öffentliche Information, für alle Wienerinnen und Wiener. es verhalte sich genau gegenteilig, unterdrückte Informationen würden Hysterie erst schüren. Das bereite den Boden für Populisten vor.
Die Wiener Gesundheitsverwaltung hat übrigens die juristische Erstbegründung aus Wehselys Büro korrigiert - jetzt ist es nicht der Datenschutz der eine Bekanntgabe der Schulen verhindert, sondern das Tuberkulosegesetz mit der in ihm festgelegten -Zitat- "Verschwiegenheitspflicht". Diese schützt allerdings nicht ganze Schulen, sondern - wieder Zitat: betroffene Personen.