Griechenland: Nein-Lager wächst

Ja oder nein am Sonntag - diese Frage beschäftigt zur Zeit ganz Griechenland. Diskutiert wird überall, auch dort, wo sich die Krise am deutlichsten zeigt, bei denen die durch die immer größer gewordenen Löcher im sozialen Netz gefallen sind. Und wenn man ihnen zuhört versteht man wieso das Nein-Lager derzeit in Führung liegen dürfte.

Morgenjournal, 3.7.2015

Ein Sozialzentrum in Athen,

Es ist ein unscheinbares Haus am Gelände des früheren Flughafens von Athen, doch für tausende ist es die letzte Anlaufstation: Die Sozialklinik Helleniko. Nicht nur aus Athen sondern aus dem ganzen Land kommen Menschen hierher um sich behandeln zu lassen, weil sie keine Krankenversicherung mehr haben erklärt Georgis Vichas, der das Zentrum vor vier Jahren gegründet hat: Die Situation ist katastrophal. Wir haben viele Fälle erlebt bei denen die Leute einfach zuhause gelegen und gestorben sind, mit Krebs, anderen schweren Krankheiten, sie sind gestorben weil sie nicht ins Krankenhaus gehen konnten.

100 Ärzte und Psychologen arbeiten in ihrer Freizeit hier, freiwillig. Am Vormittag gibt es lange Schlangen, am frühen Abend ist es ruhiger, ei: Beratung bei Selbstmordgefährdung steht auf dem Zettel vor dem Beratungszimmer. Sie sei völlig am Ende, sagt Teresa, eine Mit-Fünfzigerin, ihre Firma ist Bankrott gegangen, in ihrem Job als Putzfrau verdient sie höchstens 20 Euro pro Tag, sie lebt von der Pension ihres Vaters und ihr graut vor dem Tag an dem er sterben werde, sagt sie. Wer ist schuld an der Krise: Sie weiß es nicht, sie könne diese Frage nicht beanworten. Ob sie am Sonntag für ja oder nein stimmen wird weiß sie noch nicht. Aber sie bedankt sich dafür, dass endlich jemand aus Europa gekommen ist um zu sehen, wie es in Griechenland wirklich aussehe.

Alle seien schuld an der Krise, alle Beteiligten sagt Fondos, der wegen einer Angststörung hier ist, niemand habe einen Plan. Auch er ist noch unentschieden: Die einen stellen uns eine emotionale Frage, die anderen, die Europäer stellen uns eine wirtschaftliche und politische Frage. Und niemand erklärt was er will und was er glaubt das wir tun sollen.

Johanns hat eigentlich schon wieder einen Job, als Taxifahrer, krankenversichert ist er aber erst, wenn er länger als 6 Monate beschäftigt ist. Griechenland sei lange wie ein kleines Kind gewesen das immer nur auf die anderen gehört habe, England, die USA, Deutschland, deshalb sei es auch mit Schuld an seiner Krise. Er wird mit Nein stimmen, sagt er überzeugt, denn nur so könne Griechenland der Welt und sich selbst beweisen dass es bereit ist Verantwortung zu übernehmen. Aber bedeutet das nicht den Austritt aus der EU?

Na und, sagt er? Griechenland habe es schon vor der EU-Mitgliedschaft gegeben. Auch der Gründer des Sozialzentrums Georgos Vichas hat seine Entscheidung getroffen. Die Situation sei schwierig, trotzdem werde er mit Nein stimmen: Ich weiß nicht wie es ohne Euro sein wird. Aber ich weiß wie es jetzt mit dem Euro ist. Deshalb entscheide ich mich lieber für das Unbekannte als für die Situation deren Auswirkungen ich kenne.