War die Malaria-Therapie-Kommission befangen?

Die Wiener MedUni kommt mit der Art der Aufarbeitung der "Malaria-Therapie" nicht aus der Kritik. Wie berichtet sind Psychiatriepatienten bis 1969 gezielt mit Malaria infiziert worden. Trotzdem war die Malaria-Therapie zulässig, sagte der Leiter einer Historiker-Kommission. Jetzt stellt sich heraus: Sein Bruder hatte an der Klinik gearbeitet, an der die Malariatherapie angewandt worden war.

Mittagsjournal, 4.7.2015

"Wie unbefangen kann man da sein?"

Bis ins Jahr 1969 sind Patienten an der "Klinik Hoff", der Wiener Universitäts-Nervenklinik, mit Malaria infiziert worden, indem ihnen Blut anderer infizierter Patienten gespritzt wurde. Ab 1966 hat an der Klinik auch der Bruder von Gernot Heiss gearbeitet, jenem Historiker, der vor 10 Tagen seine Studie über die Malariatherapie präsentiert hat. Opfer-Anwalt Johannes Öhlböck sagt über diese Verwandtschaft: "Aus meiner Sicht war Dr. Heiss befangen. Am Ende des Tages hat der Leiter der Kommission unter anderem möglicherweise die Tätigkeit seines Bruders überprüft oder zumindest die seiner Kollegen. Und wie unbefangen kann man da sein?"

Die Heiss-Studie hat ergeben, dass die Anwendung der Malaria-Therapie an Psychiatriepatienten in Wien zwar einzigartig im internationalen Vergleich gewesen sei, aber zulässig. Medizin-Uni-Rektor Wolfgang Schütz bleibt dabei und sieht keine Befangenheit des Studienleiters: "Der Bruder von Herrn Gernot Heiss war eindeutig ein Neurologe. Psychiatrie und Neurologie sind damals de facto als getrennte Fächer bearbeitet worden und der Bruder hat mit den Patienten der psychiatrischen Abteilung überhaupt keine Beziehung gehabt."

Kritik auch von wissenschaftlichen Ex-Mitarbeitern

Eine zumindest inhaltliche Befangenheit sehen sogar die wissenschaftlichen Ex-Mitarbeiter des Historikers Heiss. In einer Stellungnahme die Ö1 vorliegt, schreiben sie: "Uns ist aufgefallen, dass es Vorbehalte gab, ärztliches Handeln kritisch zu reflektieren. Es wurde immer als wohlwollendes therapeutisches Handeln verstanden. Nicht gefragt wurde nach finanziellen Motiven von Ärzten und Ärztinnen, nach dem Einsatz der Therapie als Strafmaßnahme oder zur Disziplinierung oder zur Erhaltung des Malariaerregers."

Und weiter: "Diese von uns als Befangenheit aufgefasste Stoßrichtung der Untersuchung spiegelt sich in der Auswahl der Interviewpartner wider. Während Gernot Heiss mit diversen Ärzten sprach, unter denen auch ehemalige Arbeitskollegen seines Bruders waren, lehnte er die Befragung von Betroffenen kategorisch ab."

Öhlböck: "Fahler Beigeschmack"

Rektor Schütz hingegen sagt zu dem Interessenskonflikt, über den auch der Falter berichtet hat - nämlich was den Bruder des Studienautors betrifft: "Ein conflict of interest ist ja dazu da, dass er genannt wird. Wichtig ist, dass die Auftraggeber es gewusst haben."

An der Meduni wusste man also Bescheid, sah aber keine Befangenheit. Es bleibe ein schaler Beigeschmack, findet Anwalt Öhlböck, formal und was das Untersuchungsergebnis betrifft.