Empörung über Ermittlungen gegen Blogger

In Deutschland hat der für Terrorismusermittlungen zuständige Generalbundesanwalt Journalisten ins Visier genommen - und zwar wegen Landesverrats. Zwei Blogger der Internetseite Netzpolitik.org sollen Staatsgeheimnisse veröffentlicht haben. Doch der Proteststurm dagegen ist so groß, dass die Ermittlungen gegen die Journalisten erst einmal ruhen. Und jetzt will es keiner gewesen sein.

Mittagsjournal, 3.8.2015

Maas geht auf Distanz

Die Veranstalter haben mit 400 Teilnehmern gerechnet - gekommen sind deutlich mehr als 1.000. Es ist ein ungewöhnlicher Schulterschluss zwischen Netzaktivisten und Berufspolitikern, denn auch letztere haben die Ermittlungen wegen Landesverrats schon in den vergangenen Tagen sehr scharf als unverhältnismäßigen Angriff auf die Pressefreiheit kritisiert.

Selbst der deutsche Justizminister Heiko Maas ist deutlich auf Distanz zu Generalbundesanwalt Harald Range gegangen: "Ich habe heute dem Generalbundesanwalt mitgeteilt, dass ich Zweifel daran habe, ob die Journalisten mit ihrer Veröffentlichung die Absicht verfolgt haben, die Bundesrepublik Deutschland zu benachteiligen oder eine fremde Macht zu begünstigen."

"Gehört offen gelegt"

Konkret geht es um Haushaltspläne des deutschen Verfassungsschutzes aus denen sich ergibt, dass der Inlandsgeheimdienst die sozialen Netzwerke in Deutschland stärker überwachen will. Die Blogger von Netzpolitik.org hätten die Beweisdokumente ganz bewusst veröffentlicht, sagt Markus Beckedahl, einer der Autoren, gegen den ermittelt wird: "In den Auszügen der Haushaltspläne des Verfassungsschutzes stehen Informationen, dass zum Beispiel eine neue Einheit geschaffen wird, wo 75 Mitarbeiter dabei helfen sollen, in Echtzeit das Internet und soziale Netzwerke zu rastern, menschlich zu analysieren. Das ist unserer Meinung nach nichts, was ein Staatsgeheimnis ist. Das ist etwas, was offen gelegt gehört, darüber müssen wir diskutieren. Das geht aber nicht, wenn keiner darüber reden darf und keiner so genau weiß, was die jetzt vorhaben."

Offener Streit zwischen höchsten Beamten

Doch genau das wünscht sich der deutsche Verfassungsschutzpräsident Georg Maaßen. Er hat immer wieder mit Lecks in seinem Haus zu kämpfen. Er sagt, er müsse gegen die Herausgabe von vertraulichen Unterlagen aus seinem Haus vorgehen. Da sei eine Anzeige eine Selbstverständlichkeit - allerdings nicht konkret gegen die Journalisten, sondern gegen unbekannt.

Der Generalbundesanwalt widerspricht vehement per Pressemitteilung und sagt, nein die Anzeige hätte sich konkret gegen die Journalisten gerichtet. Damit ist ein offener Streit zwischen zwei der höchsten Beamten in Deutschland ausgebrochen.

Trotzdem steht vor allem Harald Range im Kreuzfeuer der Kritik. Seit dem Wochenende mehren sich die Rücktrittsforderungen. Viele Kritiker werfen ihm vor, bei den massenhaften Lausch- und Spähangriffen der Amerikaner in Deutschland unternehme er nichts, aber deutsche Internet-Blogger verfolge er wegen Landesverrats. Oder wie einer der Kritiker formuliert: Range schieße mit Kanonen auf Blogspatzen und treffe dabei die Pressefreiheit.