"Das Märchen der Märchen" im Kino

Mit der Verfilmung des Mafia-Bestsellers "Gomorrha" von Roberto Saviano hat sich der italienische Regisseur Matteo Garrone als Spezialist für realistische Stoffe einen Namen gemacht. Doch nun betritt Garrone die Märchenwelt: "Das Märchen der Märchen" ist eine Sammlung von 50 Fabeln, die der Neapolitianer Giambattista Basile als erster großer Märchenerzähler Europas im 17. Jahrhundert zusammengetragen hat.

Stacy Martin spielt die junge Dora

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Mittagsjournal, 26.8.2015

Drei davon hat Garrone für seine Verfilmung ausgewählt, gedreht in englischer Originalsprache und mit Salma Hayek und Vincent Cassel in den Hauptrollen. Ab Freitag läuft "Das Märchen der Märchen" in den heimischen Kinos.

Zwischen Realismus und Fantasy

Es waren einmal drei Königreiche, in denen hing der Burgsegen ziemlich schief. Denn da liebt ein König als ausgewiesener Insektenkenner seine kleinen tierischen Freunde mehr als seine Tochter. Ein anderer, lüsterner Herrscher wiederum ist in Casanova-Manier hinter jeder jungen Frau her. Dann wiederum kann eine Königin keinen Nachwuchs bekommen und verlässt sich auf den Ratschlag einer finsteren Gestalt mit zwielichtigem Leumund.

Drei Episoden umfasst der Film "Das Märchen der Märchen" basierend auf drei Geschichten des neapolitanischen Schriftstellers Giambattista Basile aus dem 17. Jahrhundert. Drei Geschichten, die alles bieten, was auch die späteren Fabeln der Gebrüder Grimm auszeichnet: Grausamkeit und Wunderlichkeit, Begierde und Wahnsinn, Hochmut und Unbarmherzigkeit, List und Hinterlist, Rache und Vergebung. In diesem Sinne wären die Texte von Basile auch ziemlich modern und aktuell, so der italienische Regisseur Matteo Garrone. Auch die Sehnsucht nach ewiger Jugend und Schönheit verweist in die Gegenwart.

"Zurück zu den Ursprüngen des Kinos"

Seine drei Episoden lässt Garrone nur lose ineinander laufen, ein nicht zuletzt politisches Grundmotiv durchzieht aber sämtliche Handlungsstränge: die Ausübung von Macht und Missbrauch, der Drang zu Dressur und Unterwerfung. Regisseur Garrone inszeniert seinen Film als Gratwanderung zwischen Realismus und Fantasy: "Das ist auch ein Film, der versucht zu den Ursprüngen des Kinos zurückzukehren, als dem Zuseher vor Staunen der Mund offen blieb. Einerseits wirken die Bilder sehr künstlich, andererseits war es mir aber wichtig, glaubwürdige und realistische Bilder zu schaffen."

Regisseur Matteo Garrone beim Dreh mit Vincent Cassel

Regisseur Matteo Garrone beim Dreh mit Vincent Cassel

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Die kunstvoll arrangierten Tableaus entfalten zwar durchaus ihren visuellen Reiz, doch wozu und wofür? So hinterlässt dieses "Märchen der Märchen" den Kinozuseher mit ähnlich heiterer Skepsis, der man sich auch beim traditionellen Märchen-Schlusswort kaum entziehen kann: Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.