Wie sinnvoll ist ein Bundesheer-Grenzeinsatz?

Die FPÖ trommelt das Thema seit Monaten: Das Bundesheer müsse wieder an die Grenze geschickt werden, um diese vor den Flüchtlingen abzuschotten. Aber auch immer mehr Regierungspolitiker und Minister wollen einen solchen Bundesheer-Grenzeinsatz nicht mehr ausschließen, auch der Verteidigungsminister nicht. Von 1990 bis 2011 stand das Heer an der Grenze, aber macht das heute wirklich noch Sinn?

Morgenjournal, 28.8.2015

"Assistenz-Einsatz heute wenig sinnvoll"

Mit bis zu 2.200 Mann überwachte das Bundesheer von September 1990 bis Ende 2007 die grüne Grenze zu Ungarn und der Slowakei. Umstritten war, dass das Heer auch nach der Ausweitung der Schengengrenze Richtung Osten blieb - freilich in verminderter Zahl mit fast null Kompetenzen und nur mehr im Hinterland. Dieser Zustand dauerte noch etwa vier Jahre, ehe dann endgültig Schluss war.

Dass jetzt wieder nach einem Grenzeinsatz gerufen wird, obwohl wegen Schengen die Grenzen ja offen sind, ist für den früheren Einsatzchef des Bundesheeres, Christian Segur-Cabanac, widersinnig:
"Es wird kein Mensch durch den Wald gehen, wenn er problemlos über die Autobahn nach Österreich kommen kann." Ein derartiger Assistenzeinsatz, wie er damals gelaufen sei, sei heute wenig sinnvoll.

Könnte Bundesheer Einsatz überhaupt stemmen?

Mit Schengen in Kraft brächte die Wiederholung des Bundesheereinsatzes also nichts, und Schengen will - zumindest vorerst - niemand ernsthaft außer Kraft setzen. 750 Millionen Euro hat der Einsatz in den 1990er und 2000er Jahren übrigens gekostet, mehr als 90.000 illegale Grenzgänger wurden aufgegriffen.

Es ist aber fraglich ob das Bundesheer von heute nochmals einen derart intensiven Einsatz stemmen könnte, sagt Ex-Einsatzchef Segur-Cabanac: "Das Bundesheer wird jedes Jahr sukzessive kleiner und auch die Mobilität hat sich entsprechend geändert. Die budgetären Vorgaben sind nicht die allerbesten."

Die vielen Sparpakete, die über das Bundesheer in den letzten Jahren hereingebrochen sind, haben einerseits den Personalstand der Einsatzkräfte dezimiert, vor allem aber auch die Transportkapazitäten, Stichwort schrottreife LKW und sonstige Fahrzeuge, arg beeinträchtigt.

Verkürzter Grundwehrdienst hat Auswirkungen

Dann gibt es da noch die Sache mit dem Wehrdienst. Viele Grundwehrdiener waren zu Zeiten des großen Assistenzeinsatzes an der grünen Grenze im Einsatz. Der Wehrdienst betrug aber bis 2006 acht Monate, inzwischen wurde er auf sechs Monate verkürzt. Das hat Auswirkungen, sagt Segur-Cabanac: "Weil die sechs Wochen Assistenzeinsatz, die damals im Durchschnitt ein Turnus gedauert hat, natürlich bei einem achtmonatigen Grundwehrdienst ganz anders zu verkraften waren als bei einem sechsmonatigen Grundwehrdienst." Den Grundwehrdiener - wie vorgeschrieben - auszubilden und an die Grenze zu schicken, wird also schwierig.

Ein hoher, aber nicht genannt werden wollender Militär formuliert das ganze Dilemma so: 300 Soldaten für einen Grenzeinsatz abzustellen, wäre kein Problem, 2.000 wie damals aber eine Katastrophe.