Anna Baar: "Die Farbe des Granatapfels"

Ein bemerkenswerter Debüterfolg ist der Klagenfurterin Anna Baar gelungen. Mit ihrem Roman "Die Farbe des Granatapfels" hat die 42-Jährige auf Anhieb den Sprung auf die ORF-Bestenliste geschafft, und diesen Platz hält sie auch im September.

Anna Baar

APA/GERT EGGENBERGER

Mit einem ersten Einblick in ihre österreich-kroatische Familiengeschichte, die dieser Roman erzählt, ist Anna Baar auch heuer beim Bachmann-Preis ins Finale gekommen.

Mittagsjournal, 31.8.2015

Es ist ein Erinnerungsbuch an eine Kindheit zwischen Kroatien und Österreich - die Sommer verbringt Anna auf der dalmatinischen Insel im sogenannten "Mutterland", den Rest des Jahres im Vaterland, in Österreich - ein Leben als Fremde, als Außenseiterin. Eine Erfahrung, die Anna Baar mit ihrer Romanfigur teilt. Doppelte Heimat, sagt sie, ist doppeltes Fremdsein.

Vatersprache war im Mutterland tabu

Ein ganzes Jahrhundert durchmisst Anna Baar in diesem Roman. Die Erinnerungen an die Gerüche, Geräusche und Farben der Kindheit, verpackt in poetische Bilder, vermischen sich mit Traumsequenzen und Rückblenden in die jugoslawische Vergangenheit. Im Mittelpunkt steht Nada, die kettenrauchende, resolute Großmutter, eine alte Partisanin und Antifaschistin, die auch nach dem Krieg ihren Hass auf alles Deutsche bewahrt hat. "Das Deutsche war die Sprache des Feindes, und das war natürlich ein Problem", so die Autorin. Schreiben, das war lange Zeit etwas Heimliches. Die Vatersprache war im Mutterland, bei der strengen Nada verboten.

Als Lyrikerin begonnen

Ihre erste Sprache, der sie über den Weg getraut hat, war die Musik, sagt Anna Baar. Und über die Musik hat sie zur Auseinandersetzung mit der Sprache gefunden: zunächst zur Sprache der Lyrik. Als Lyrikerin hat Anna Baar ihre literarische Laufbahn begonnen - als Studentin in Wien in den 1990er Jahren. Damals, sagt Anna Baar, habe der Zerfall des jugoslawischen Staates paradoxerweise ihre Sprachwelten zusammengeführt. "Ich habe die Flüchtlingsflut miterlebt, die aus meinem Mutterland nach Wien gekommen ist. Und plötzlich waren die Grenzen verschwommen, weil plötzlich die Muttersprache im Vaterland so präsent war," erinnert sie sich.

Anna Baar hat jedenfalls "ihre Sprache" gefunden und begeisterte Leser. Der österreichische Büchner-Preisträger Josef Winkler etwa meinte: "Dieser Roman ist keine Gegenwartsliteratur, sondern Zukunftsliteratur. Ein Roman-Sprachwerk sondergleichen."

Service

Anna Baar, "Die Farbe des Granatapfels", Wallstein Verlag

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