Alpbach-Eröffnung als Kunstaktion

Gestern wurden die "politischen Gespräche" des Europäischen Forum Alpbach eröffnet. Allerdings nicht mit Willkommens- und Dankesworten, sondern mit einer künstlerischen Performance. Das Künstlerkollektiv "Zentrum für politische Schönheit" hat eine Eröffnung geboten, der sich keiner der Anwesenden entziehen konnte und dabei klare Worte an die Politik gerichtet. Ein Gespräch mit Cesy Leonard vom "Zentrum" über Kunstaktionen als Vorbote der aktuellen Flüchtlingskatastrophe und über Mut.

"Unsere Kunstaktion war sozusagen ein Vorbote von dem, was wir wussten, was kommen wird", Cesy Leonard über die Kunstaktion "Die Toten kommen"

Anna De Carlo, Maryam Zaree und Cesy Leonard

Anna De Carlo, Maryam Zaree und Cesy Leonard bei der Eröffnung

PHILIPP NADERER

Kulturjournal, 31.8.2015

Juliane Nagiller

Im Rahmen der Kunstaktion "Die Toten kommen" hat das "Zentrum für politische Schönheit" Flüchtlingsleichen von den EU-Außengrenzen nach Deutschland gebracht, um ihnen dort eine würdevolle Beerdigung zu geben. Vor wenigen Tagen sind die Toten mitten in Europa angekommen.

Braucht es diese drastische Form, diese Art von Zynismus um Bewusstsein zu schaffen?

Cesy Leonard: "Was wir machen, finde ich überhaupt nicht zynisch. Was drastisch ist, ist die Tatsache, dass die europäische Gemeinschaft - die reichste Staatengemeinschaft dieser Erde - keine Möglichkeit findet, mit den Flüchtlingsströmen in einem würdevollen Maß umzugehen. Was gerade an unseren Grenzen stattfindet ist eine absolute Provokation. Dass wir dazu aufrufen, Menschen in Deutschland würdevoll zu bestatten, ist dagegen nicht provokativ."

Wieso muss da die Kunst einschreiten?

C. L.: "Die Kunst hat die Möglichkeit zu inspirieren, Menschen anzuregen vielleicht anders zu denken. Wir sind geflutet von Informationen zu der Flüchtlingslage. Politiker können sich leider nur in einem sehr engen Rahmen dazu verhalten, leider oft auch NGOs. Da sind der Kunst keine Grenzen gesetzt. Sie kann Gedankenräume aufmachen, inspirieren und weitergehen, zu einem neuen Denken anregen."

Woher nehmen Sie den Mut für Ihre Aktionen?

C. L.: "Wenn wir uns unsere Geschichte in Deutschland ansehen, die davon geprägt war, dass Menschen sich nicht mehr getraut haben, für andere einzustehen, weil sie öffentlich bedroht wurden, dann ist es umso mehr unsere Pflicht, sich nicht von solchen Bedrohungen einschüchtern zu lassen. (…) Da vertraue ich unserem Rechtsstaat sehr, dass wir doch an Leib und Leben noch geschützt sind, und dass wir da weitergehen können. Das ist eine innere Berufung für uns alle vom Zentrum - da muss man mutig sein, weil die Angst ist das, was es gefährlich machen könnte."

Service

Zentrum für politische Schönheit
Forum Alpbach - Politische Gespräche, Eröffung
Die Zeit - Willkommen im Regierungshotel