Radiokolleg zum Mitreden
Das Ö1 Publikum war zur Diskussion über die Macht von Prognosen eingeladen. Von diesem Angebot haben am Dienstagabend im RadioCafe des Wiener Funkhauses zahlreiche Hörer Gebrauch gemacht.
8. April 2017, 21:58
Das Thema ist brisant. Denn Prognosen sind allgegenwärtig. Sie sind ein Planungsinstrument und strukturieren unseren Alltag. Ihre Treffsicherheit erlangen sie durch die uneingeschränkte Vernetzung von Milliarden von Daten, die im Internet zur Verfügung stehen. Vernetzt werden diese mit Hilfe von Algorithmen. Damit schaffen sie eine eigene Wirklichkeit. In unserer von digitalisierten Daten getriebenen Welt greifen Algorithmen in das Denken und Handeln jedes einzelnen ein.
Radiokolleg zum Mitreden
Die Diskussion im RadioCafe
Die Frage nach Privatheit und Öffentlichkeit erhitzte die Gemüter. Mit jedem Telefonanruf, jedem Onlinekauf, einem Posting in sozialen Netzwerken hinterlassen User digitale Spuren. Diese Informationen werden durch Algorithmen verknüpft und produzieren Persönlichkeitsprofile.
Für den Psychologen Arndt Florack ist der gläserne Konsument heute Realität geworden. Und Daten zum handelbaren Gut. Am Aktienmarkt ist die Menge der Daten entscheidend, so Stephan Schulmeister, und das Tempo, mit dem diese gehandelt werden. Heiß diskutiert wurde die Frage, ob die Novellierung der Europäischen Datenschutzgrundverordnung ausreicht, um die Privatsphäre des einzelnen zu schützen.
Regeln für den digitalen Raum
Ein erster Schritt ist das "Recht auf Vergessen werden", das in dem Gesetz vorgesehen ist. Der Hintergrund: Informationen lassen sich im digitalen Raum nicht löschen, erklärte Stefanie Lindstaedt vom Know Cener in Graz. Doch es wurden Programme entwickelt, die Informationen schwer auffindbar machen. Auf individuellen Wunsch können nun diese Programme zum Einsatz kommen.
Der Wunsch nach Regeln im digitalen Raum wurde artikuliert. Führt das zu einer Einschränkung von Möglichkeiten? Schützt das individuelle Freiheiten? Wie die Spielregeln im digitalen Raum aussehen könnten, muss Teil eines breit geführten, öffentlichen Diskurses werden: da waren sich die Diskutanten beim Radiokolleg zum Mitreden einig.
Daten liefern Fakten über Phänomene
Die Digitalisierung der Medien hat die Kommunikation revolutioniert. Aber sie tut noch mehr: sie schafft eine eigene Wirklichkeit. Denn Daten liefern die Fakten über Phänomene, die der Mensch interpretieren muss, so Gerald Nestler.
Damit haben sich Aufgabe und Funktion der Wissenschaftler verändert. Sie müssen nach übereinstimmenden Mustern in den Daten suchen, ohne die Ursache für ein Phänomen zu kennen. Das Scannen und einordnen digitaler Oberflächen wird zum Persönlichkeitsprofil der Forschenden.
Beim Radiokolleg zum Mitreden wurde nach Antworten gesucht, und noch mehr Fragen aufgeworfen. Denn der Aufbruch in das digitale Zeitalter hat eben erst begonnen. Und das wird noch viel Stoff für weitere Diskussionsrunden liefern.