Kardinal Schönborn: "Ich habe auch manchmal Angst"

Die Flüchtlingsströme nach Europa sind derzeit das beherrschende Thema. Das merkt auch Kardinal Christoph Schönborn, der dieser Tage sein 20-Jahr-Jubiläum als Erzbischof von Wien feiert, in Gesprächen mit der Bevölkerung. Im Journal zu Gast sagt Schönborn, er habe Verständnis, wenn die Menschen Angst haben. Er habe auch manchmal Angst. Besser sei es, aktiv damit umzugehen.

Kardinal Christoph Schönborn

APA/ROLAND SCHLAGER

Mittagsjournal, 26.9.2015

Bernt Koschuh im Gespräch mit Kardinal Christoph Schönborn

"Christlicher Glaube in Zivilgesellschaft"

Kardinal Schönborn fordert, die europäischen und auch die christlichen Werte angesichts der Flüchtlingskrise hochzuhalten: "Dann werden wir das mit Vertrauen anpacken, aber auch mit Realismus."

Sehr viele Menschen helfen den Flüchtlingen mit großem Einsatz, sagt Schönborn im Journal zu Gast. Viele Helfer seien nicht kirchlich gebunden, seien sogar aus der Kirche ausgetreten oder haben keinen direkten Bezug zur Kirche. Schönborn: "Aber wie ein Mitarbeiter von mir gesagt hat: Es kann schon sein, dass der christliche Glaube bei uns verdunstet ist, aber er ist hineinverdunstet in die Zivilgesellschaft."

"Wollen wir eine chinesische Mauer um Österreich?"

Von Grenzzäunen hält Kardinal Schönborn nichts: "Europa hat die Grenzen Gott sei Dank entfernt. Wir haben den eisernen Vorhang noch in Erinnerung. Wollen wir das wieder? Wollen wir eine chinesische Mauer um Österreich bauen?" Das würde ziemlich kostspielig werden, so Schönborn und er fragt: "Würde es die Flüchtlinge aufhalten? Würde es die Migrationsströme aufhalten?"

Es gebe zwei bessere Lösungen, sagt Schönborn: Erstens: Frieden in den Kriegsregionen statt Waffenlieferungen. Zweitens: Auch die Chancen sehen. "Gehen Sie einmal in ein Spital in Wien und schauen Sie, wie viele vom Pflegepersonal Migrationshintergrund haben. Was würden wir im Krankheitsfall ohne diese Menschen machen?"