Kulturpolitische Positionen vor der Wien-Wahl

Am 11. Oktober stehen in Wien Landtags- und Gemeinderatswahlen an. Kulturpolitik war erwartungsgemäß kein Thema im Wahlkampf - zumal dieser auch in der Bundeshauptstadt thematisch von der Flüchtlingskrise beherrscht war. Im TAG-Theater trafen sich gestern Abend allerdings die Kultursprecher der wahlwerbenden Parteien, um ihre Positionen zu diskutieren.

Podiumsdiskussion

Ein Moderator, sechs Kultursprecher und eine Kultursprecherin.

Philipp Kerber

Kulturjournal, 5.10.2015

Für die knapp zweieinhalb Stunden lange politische Podiumsdiskussion waren alle sechs kandidierenden Parteienvertreter geladen. Die Hauptthemen hatten sich schnell herauskristallisiert, und es beginnt ein sanfter Schlagabtausch zwischen Regierenden und Opposition: denn gegen die momentane Verteilung der Förderungen hatten so gut wie alle etwas. So auch FPÖ Wien-Kultursprecher Gerald Ebinger: "Wir würden versuchen bei den großen Tankern Einsparungen vorzunehmen. Die Subvention an die großen Tanker wird immer größer, und keine Strukturänderungen werden vorgenommen. Passiert das nicht, so wird bei einem gleichbleibenden Budget für Innovation immer weniger bleiben."

Bernhard Dworak von der ÖVP kann dem Wiener Kultursprecher der FPÖ hier nur zustimmen. Für ihn seien die in die Vereinten Bühnen Wien investierten 4,9 Millionen Euro nicht nachvollziehbar. Er hätte andere Vorschläge: "Man könnte bei den Vereinigten Bühnen eine Schwerpunkt auf jene Musicals legen, die aus Österreichische kommen – 'Elisabeth' oder 'Mozart'; das Ronacher könnte als professionelles Gastspielhaus positioniert werden; das Theater an der Wien kann in der heutigen Operntradition fortgeführt werden."

Laut Bernhard Dworak sollte auch mehr Geld in das Musikschulwesen investiert werden, dass, so Dworak, leider nicht zum Ressort Kultur gehört, sondern in den Bereich Soziales fällt. Es beginnt für den SPÖ-Vertreter Ernst Woller ein Abend der Vorwürfe - nicht zuletzt dem der Intransparenz.

Geht es um Förderungen, fällt auch relativ schnell Kritik an der neuen Förderschiene "Shift" für innovative Kunst. Gerne würde Ernst Woller von der SPÖ gemeinsam mit dem Grünen Klaus Werner-Lobo positiv über die Vergabe der zusätzlich aufgebrachten 1,5 Millionen Euro sprechen. Aus dem Publikum ist aber Unmut zu hören: Bereits geförderte Gruppen hätten das Geld bekommen. Für Klaus Werner-Lobo - Teil dieser Jury - liegt das Problem in den verkrusteten Machtstrukturen der Stadt Wien. "Unsere Aufgabe ist es, Strukturen zu schaffen, bei denen es ohne Herstellung von Abhängigkeitsverhältnissen, ohne Barrieren an die gesamte Öffentlichkeit geht", betont Werner-Lobo.

Das sei, falls es weiterhin Rot-Grün gebe, Ziel der Grünen in der nächsten Legislaturperiode. So etwas gehe aber nicht von heute auf Morgen. Für Willi Hejda dauert es trotzdem zu lang. Er ist als Vertreter der IG Kultur Wien anwesend und in der Runde eine Art außerparlamentarische Opposition. "Freie Kultur ist das, wo eine Stadt nicht eine Intendanz bestellt, sondern wo die Szenen selber - wie im WUK - gemeinsam die Leitung bestimmt", so Hejda. "Es wäre sinnvoll, sich auf eine gemeinsame Definition zu einigen, und für ein Kulturbudget zu sorgen, aus dem klar der Anteil der freien Szene sichtbar ist."

Ansätze, die Ulli Fuchs und damit auch "wien andas" vertreten. Als Bündnis aus Piraten, KPÖ und den Unabhängigen möchte sie, dass alle Menschen Zugang zu Bildung und Kultur haben. Sie pocht gemeinsam mit der IG Kultur Wien auf mehr Verteilungsgerechtigkeit bei Kulturmitteln. "Kunst und Kultur ist das geeignete Instrument für eine Demokratisierung aller Lebensbereiche."

Niko Alm von den NEOS, sieht genau darin ein Problem: Die Stadt Wien könne nicht als, wie er es nennt, Gratis-Dienstleister angesehen werden, Räume zur Verfügung stellen und Festivals veranstalten. Seine Lösung: Der Kulturauftrag müsse scharf von Standortmarketing unterschieden werden.

Die Positionen sind klar - der Konsens fern. Und auch wenn die Podiumsdiskussion um eine Stunde verlängert wurde, war das Ergebnis dürftig - nicht zuletzt aus dem Grund, dass durch die siebenköpfige Runde kaum ein Diskutant mehr als zweimal zu Wort gekommen ist.

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