"Der Staat gegen Fritz Bauer" im Kino

In den 1960ern war der deutsche Generalstaatsanwalt Fritz Bauer die treibende Kraft in den Auschwitz-Prozessen. Gegen die Verfolgung von Nazi-Kriegsverbrechern waren auch Deutschlands Justiz und Politik umtriebig - auch das zeigt der Film "Der Staat gegen Fritz Bauer" mit Burghart Klaußner in der Hauptrolle.

Martin Valentin Menke

ZERO ONE FILM

Mittagsjournal, 7.10.2015

Der Stachel im Fleisch der Ära Adenauer

Adolf Eichmann lebt in Kuwait. Bewusst lässt der hessische Generalstaatsanwalt Fritz Bauer falsche Gerüchte streuen, denn auf der Suche nach NS-Kriegsverbrechern ist seiner eigenen Behörde keinesfalls zu trauen. Eichmann könnte gewarnt werden. Der Filmtitel "Der Staat gegen Fritz Bauer" erweist sich als programmatisch, denn um Adolf Eichmann in Argentinien zu schnappen, ist Bauer auf den israelischen Geheimdienst Mossad angewiesen.

Die Jagd nach Eichmann ist das narrative Rückgrat des Films, aus dem sich langsam aber sicher ein Charakterporträt herausschält: Bauer als brillanter Jurist, als Arbeitssüchtiger und Getriebener, aber auch als Zweifler, als Zigarren-Kettenraucher und dem Alkohol nicht abgeneigter, als Mann, der vor allem in der Jugend Deutschlands seinen Glauben an einen besseren Staat nährte und nicht zuletzt Fritz Bauer der Held, so Hauptdarsteller Burghart Klaußner: "Er war von einer solchen Furchtlosigkeit, angesichts ständiger Morddrohungen nicht abzulassen von seinem Tun, das kennzeichnet ihn als Helden." Und Regisseur Lars Kraume ergänzt: "Die meisten wissen nicht, welche Rolle es gespielt hat, u.a. deshalb, weil es bis 1978 gar nicht bekannt war, weil Bauer auch nicht darüber geredet hat. Da war er wahnsinnig uneitel. Das kam nur durch Zufall raus."

Der Film nährt auch Spekulationen über Bauers Homosexualität, zudem war er Jude und Sozialdemokrat. Nicht zuletzt durch die filmische Verdichtung persönlicher und politischer Motive wird klar, warum Fritz Bauer zum Stachel im Fleisch der Ära und Regierung Adenauer wurde. Mal Thriller, dann Kammerspiel, Mentalitäts-Forschung und Zeitporträt im Nachkriegsdeutschland. Lars Kraumes Film "Der Staat gegen Fritz Bauer" erhellt auf vielschichtige Weise die Persönlichkeit eines Unnachgiebigen, der nicht Rache, sondern Gerechtigkeit im Sinn hatte. Eine Unnachgiebigkeit, die er anderen, aber auch sich selbst entgegen brachte.