Novelle von Zora del Buono

Gotthard

Neben dem alten, über hundert Jahre alten Gotthard-Tunnel, wird seit 1999 am Gotthard-Basistunnel gegraben. Mit einer Länge von 57 Kilometern wird er der längste Eisenbahntunnel der Welt sein; die Eröffnung ist im Juni 2016 geplant. Die aus Zürich stammende Journalistin und Schriftstellerin Zora del Buono hat einen kurzen, intensiven Text geschrieben, der mit dem Tunnel zu tun hat - allerdings mehr metaphorisch als real.

"Eine fein gestrickte Novelle über das Scheitern. An der Liebe. An der Ehe. An den beruflichen Lebensplänen."
Löffler

Fritz Bergundthal liebt die Eisenbahn. Der Gotthardpass mit seinen unzähligen Tunnels und Gleisen im Schweizer Kanton Tessin übt auf ihn eine magische Anziehungskraft aus. Tagelang steht er an den Bahngleisen und macht glückselig Aufnahmen der raren Eisenbahnexemplare. Von Beruf ist der Berliner Junggeselle Steuerfachmann.

Abgesehen davon hat er eine markante Ähnlichkeit mit Max Frischs zwänglerischem Ingenieur Walter Faber. Neben Eisenbahnen liebt er Zahlen und Buchstabenreihen. So wie generell alles logisch Geordnete. Eine unheimliche Abneigung hegt er gegen Menschliches, meidet so gut es geht öffentliche Toiletten oder Waschräume. Er ist das Musterbild eines "Homo faber". Und zu seinem Unglück eindeutig zur falschen Zeit am falschen Ort.

Del Buonos Novelle braucht nicht einmal 150 Seiten, sechs Stunden eines kompakt erzählten Tages im Tessin, um Bergundthals Welt auszuhebeln. Zwar beginnt dieser nicht wie Faber eine verhängnisvolle Affäre mit einer fremden jungen Frau. Dafür wird er in wenigen Stunden so tief in die freundschaftlichen und amourösen Beziehungen der Talbewohner verstrickt, dass er danach nicht mehr derselbe sein wird.

Service

Zora del Buono, "Gotthard", Novelle, C.H. Beck Verlag