Billie Holiday in den Kammerspielen

Die Jazzsängerin Billie Holiday wäre in diesem Jahr 100 Jahre alt geworden. Sie starb 1959 im Alter von nur 44 Jahren in New York. Jetzt bringen die Kammerspiele der Josefstadt eine Hommage an die Jazzlegende: Thorsten Fischer inszeniert das Zweipersonenstück "Blue Moon" mit Sona MacDonald in der Hauptrolle.

Die Afro-Amerikanerin prägte den Swing- und Jazz-Gesang mit ihren Improvisationen und tourte mit Musikern wie Count Basie. Doch ihr Leben war alles andere als rosig, wie ihre Biografie "Lady Sings the Blues" zeigt.

Mittagsjournal, 25.11.2015

100 wäre sie wohl niemals geworden, diese Billie Holiday - und eigentlich ist es ein Wunder, dass sie 44 Jahre geschafft hat. Die große Jazzlegende "Lady Day" auf der Bühne, war im Leben vor allem eines - ein Opfer: der Drogen, des Alkohols, der vielen gewaltbereiten Männer und des Rassismus. Regisseur Thorsten Fischer: "Eigentlich hätte die mit den berühmten 27-jährigen mithalten müssen. Am Ende hat sie zwei Flaschen Gin, Morphium und Heroin, dazu vier Schachteln Zigaretten und Marihuana konsumiert."

Am Ende war sie ein körperliches Wrack, an ihrem Totenbett standen Polizisten, die sie wegen Drogenbesitzes festnehmen wollten; an ihre Beine hatte sie einige 50 Dollarnoten für ihr Begräbnis geklebt. Für seine Hommage in den Kammerspielen hat Thorsten Fischer, der Billie Holiday schon lange verehrt, an die 50 Bücher über sie gelesen. "Im Zentrum ihre eigene Autobiografie, die ja ein bisschen geschummelt ist, aber wir haben festgestellt, dass alles ein bisschen geschummelt ist; alles widerspricht sich, und das finde ich interessant", erklärt Fischer. "Wir haben versucht aus allen Schnipsel das zu nehmen, was am meisten unserer Ahnung entspricht, wie Billie Holiday wohl war."

Ein musikalisches Gemälde

Nicht als Kopie, sondern als musikalisches Gemälde legt Thorsten Fischer seine Hommage an. 20 Nummern darunter "Blue Moon", "The Man I Love" oder "Your Mother's Son in Law" singt Sona Mac Donald, die von einer vierköpfigen Band auf der Bühne begleitet wird (Christian Frank (Klavier), Herbert Berger (Klarinette, Saxophon, Flöte), Andy Mayerl (Kontrabass) und Klaus Pérez-Salado (Schlagzeug). Nikolaus Okonkwo übernimmt alle männlichen Rollen.

"Die Stimme war nicht groß, aber kein Ton war Zufall; jeder Ton war erfüllt von einem so schweren Leben, wie wir uns das gar nicht vorstellen können", Thorsten Fischer. "Der Aufstand gegen Rassismus ist in ihrem Leben erst gewachsen. Das Lied 'Strange Fruits' (über die Lynchmorde an Schwarzen) hat sie weder komponiert, noch wollte sie es anfangs singen. Sie hat sich dazu überreden lassen, und erst dann wurde es zu ihrer Hymne - auch weil sie das Lied gnadenlos inhaltlich vorträgt und damit dem Lied eine unglaubliche Kraft verliehen hat."

Als Schwarze durfte Billie Holiday in den Bars, in denen sie auftrat nur die Lastenaufzüge und Hintereingänge benutzen, die Toiletten waren für sie gesperrt und bei ihren Auftritten musste sie sich schwarze Farbe ins Gesicht streichen, weil sie den weißen Gästen zu hell erschien.

Die Seele und Gefühlswelt der Billie Holiday auszuloten und einen zweistündigen Theaterabend singend, fast im Alleingang, zu bestreiten, wird für Sona Mac Donald eine besondere Herausforderung; zumal sie parallel als Fräulein Julie im Haupthaus ebenfalls an ihre Grenzen geht. Wie sie diese meistert, wird die morgige Uraufführung in den Kammerspielen der Josefstadt zeigen.

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Josefstadt - Blue Moon

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