Die Razzia

Seit den Anschlägen von Paris titelt die Presse fast täglich mit Terrorwarnungen, Ausnahmezustand oder Anti-Terror-Razzien. Mega-, Riesen- und Großrazzien werden durchgeführt.

"Razzia" - das ist ein Wort, das allein schon vom Klang her ziemlich rabiat klingt. "Das Wort kommt eigentlich aus dem arabischen und bezeichnet ursprünglich einen Feldzug, wo man alles niederbrannte - Häuser, Felder, Scheunen, Frauen und Kinder - dann möglichst noch alles mitnahm und verbrannte Erde hinterließ", erklärt Reinhard Kreissl. Er ist Soziologe und leitet das Wiener Zentrum für sozialwissenschaftliche Sicherheitsforschung.

Heute ist Razzia ein Wort für eine Polizeiaktion, wo man mit viel Aufwand und vielen Polizeibeamten unangekündigt ein Objekt, eine Gruppe von Personen oder , einen vorher definierten Bereich untersucht, um mit dem Überraschungseffekt Beweismaterial zu sammeln. Razzien gibt es dort, wo die Polizei "Gefahr in Verzug" sieht, oder schwere Straftaten vermutet, wo Gefahr für Leib und Leben oder die öffentliche Ordnung herrscht. Das betrifft die Bereiche Drogen, Menschenhandel und manchmal Finanzkriminalität. Die Polizei entscheidet welche Gefahr, wann, wie groß ist und dann liegt es am Richter den Einsatz zu genehmigen oder nicht.

"Man geht davon aus, dass das polizeiliche Gegenüber, also die Tatverdächtigen Personen fliehen würden, oder Beweismaterial vernichten", erklärt Kreissl. Zum Beispiel im Bereich Menschenhandel oder Prostitution. Die Polizei versucht, Missetäter auf frischer Tat zu ertappen. Der Überraschungseffekt ist ganz wichtig. Das ist der Unterschied zur gewöhnlichen Hausdurchsuchung. Diese werden ja üblicherweise angekündigt.

Das Wort "Razzia" wird im Polizeialltag nicht verwendet. Es gibt keinen Razziaparagrafen im Strafgesetzbuch. Führt die Polizei eine Razzia durch, spricht man offiziell von einer "Schwerpunktaktion". Bei einer Razzia sind oft Waffen im Spiel. "Wo gehobelt wird, fallen Späne", heißt es. Bei den jüngsten Razzien in Brüssel sollen etwa 5.000 Schuss gefallen sein. "Das hat manchmal schon etwas Militärisches", meint Soziologe Reinhard Kreissl, "die Grenze zwischen Polizei, Militär und Räuberbande werden fließend." Eine Razzia ist jedenfalls immer körperlich und gewaltorientiert.

Als Beute gilt vieles. Im vergangenen Jahr rückte beispielsweise ein Amtstierarzt zur „Goldfisch-Razzia“ aus und beschlagnahmte in einem Möbelhaus zweimal Goldfisch im Glas, weil diese Art der Tierhaltung seit 2005 verboten ist.