Ausstellung Andrea Schiavone in Venedig

Aus zahlreichen Ländern wurden, zum ersten Mal überhaupt, die 140 verbliebenen Gemälde des venezianischen Renaissancemalers Andrea Schiavone in das Museo Correr nach Venedig ausgeliehen. Die Ausstellung "Splendori del Rinascimento a Venezia" stellt diesen Maler zwischen Tintoretto und Tiziano vor.

Kulturjournal, 1.12.2015

Von einer "skizzenhaften Frische"

Da liegt in der Bildmitte ein Mann auf dem Boden ausgestreckt. Ein reiterloses Pferd springt davon, zum rechten Bildrand. Auf der Linken des Gemäldes sind mehrere Pferde und ihre Reiter in großer Aufregung zu sehen. Am oberen Bildrand erkennt man Christus. Er schwebt auf einer weißen Wolke, umgeben von Putten. Mit seiner rechten Hand weist Christus auf den am Boden liegenden Mann, der seinerseits seine rechte Hand hebt, wie zum Gruß des Gottessohnes. Das etwa zwei Mal zweieinhalb Meter große Ölgemälde malte Andrea Schiavone 1540. Das Sujet, "Die Bekehrung des Saulus", wie auch die Bildaufteilung entsprechen dem damaligen Zeitgeschmack und den damals geltenden malerischen Konventionen.

Doch wie Schiavone die Figuren auf seinem Bild darstellt ist schon einzigartig - vor allem für einen Maler der so genannten Venezianischen Schule, erklärt Enrico Maria Dal Pozzolo, Kunsthistoriker und Kurator der ersten Schiavone-Retrospektive, die jetzt im venezianischen Museo Correr zu sehen ist: "In einem der ersten schriftlichen Dokumente über seinen Malstil von 1548, aus der Feder von niemand geringerem als dem Maler Tizian, wird Schiavones Malerei wegen ihrer skizzenhaften Frische gewürdigt. Für andere war diese Skizzenhaftigkeit ein Grund zur Kritik, denn im Vergleich zu anderen zeitgenössischen Malern trieb er seinen Stil bis zum Exzess."

Dick aufgetragen

Tizian gefiel Schiavones emphatischer Stil, der so schwungvoll und leidenschaftlich wirkt, dass viele seiner Gemälde in gewisser Weise einen fast schon expressionistischen Eindruck auf den Betrachter ausüben. Dieser emphatische Malstil hatte wahrscheinlich Einfluss auf das Werk von Jacopo Bassano, vor allem aber auf Rembrandt. "Schiavone hatte eine ganz bestimmte Maltechnik entwickelt, die außer ihm so gut wie niemand nutzte: Er trug immer wieder besonders stark Farbe auf eine Leinwand auf und ließ sie trocknen. Deshalb wirken viele seiner Bilder ein wenig wie Reliefs, und sind keine, wenn Sie wollen, rein flachen Gemälde", sagt Kurator Dal Pozzolo. "Dem Malerkollegen und Kunsthistoriker Vasari gefiel dieser Stil so gut, dass er bei Schiavone ein Schlachtenbild in Auftrag gab, um es einem Medici-Fürsten zu schenken."

Erneuerer des Manierismus

Andrea Schiavone wurde zwischen 1510 und 1515 im heute kroatischen Dalmatien geboren, das damals zur Seerepublik Venedig gehörte. Er lebte nicht lang, rund 50 Jahre 1563 starb er. Schiavone war hauptsächlich in Venedig tätig und wurde zu einem der Protagonisten des venezianischen Manierismus. Die Ausstellung im Museo Correr versucht - mit rund 140 Gemälden, entliehen aus Museen in Europa und den USA sowie aus Privatsammlungen wie etwa der von Königin Elisabeth II. -, Licht in das technische und biografische Dunkel um diesen Künstler zu bringen.

So vermutet man, dass er im Wesentlichen ein Autodidakt war, der Kupferstiche von Gemälden bereits berühmter Malerstars wie Parmigianino, Tintoretto und Francesco Salviati studierte. Was ihn aber von all diesen Malern unterscheidet ist, so zeitgenössische Quellen, sein Hang zu einer ungemein schnellen Malweise, deren Resultat für ihre Zeit ungewöhnlich expressionistisch war und sich nur schwer in irgendeine Kategorie stecken ließ. Ein Stil, der seit dem 17. Jahrhundert nicht viele Freunde fand. Und so wurde Schiavone schließlich vergessen - bis ins späte 20. Jahrhundert.

"Nach über 300 Jahren wurde in den 1980er Jahren die US-amerikanische Kunsthistorikerin Francis Lee Richardson auf ihn aufmerksam und studierte sein Werk und dessen Besonderheiten. Richardson kam zu dem Schluss, dass Schiavone als einer der wichtigsten Erneuerer der Malerei seiner Zeit, des Manierismus, bezeichnet werden muss", betont Dal Pozzolo. Im Vergleich zu den Werken anderer Maler seiner Zeit, die ebenfalls in der Ausstellung gezeigt werden, wird verständlich, warum Schiavone entweder sehr gefiel oder überhaupt nicht.

Service

Museo Correr - Splendori del Rinascimento a Venezia. Andrea Schiavone tra Parmigianino, Tintoretto e Tiziano
Bis 10. April 2016