Hans Platzgumers Roman "Am Rand"

Als einer der international bekanntesten Musiker Österreichs gilt Hans Platzgumer: Er hat mit den Goldenen Zitronen gespielt, mit der Künstlerin Pipilotti Rist zusammengearbeitet oder die Musik zu Tschechow-Inszenierungen beigesteuert. Seit gut zehn Jahren ist er auch eine wichtige Stimme in der österreichischen Gegenwartsliteratur. Jetzt kommt sein vierter Roman "Am Rand" heraus, der wieder durch einen ganz besonderen, diesmal dunklen Sound besticht.

Morgenjournal, 1.2.2016

Macht der Natur

Ein Mann sitzt allein auf einem Berggipfel, auf seinen Knien ein Packen Papier, in den klammen Fingern ein Kugelschreiber. Es ist gleichzeitig Erinnerung und Beichte, was er da aufschreibt, während ihm die Kälte an diesem grauen Herbsttag immer mehr in die Knochen kriecht. Die Natur als Gegenspieler zum Protagonisten Natur sei ihm wichtiger, als die Handlungsstränge, erzählt Platzgumer.

Knappe Sprache

Der Tod in seinen verschiedenen Facetten zieht sich durch das Leben seines Ich-Erzählers, ein tragischer Unfall kommt da vor, ein Mord und auch Sterbehilfe. Das Buch ist in kurze Abschnitte gegliedert, die Sprache ist knapp. Der Mann, der in die Kälte ging, ist, wie sein Autor kein Freund der opulenten Sätze.

Letztes Jahr hat Hans Platzgumer seine definitiv letzte CD herausgebracht, Titel "Miniaturen". Zwanzig Stücke sind darauf, intime Stimmungsbilder, an denen der Musiker jahrelang gefeilt hat, keines viel länger als zwei Minuten. Wenn man zur Essenz einer Sache vordringen will, dann muss man dafür auch Opfer bringen, so das Credo Platzgumers. Das war auch bei dem aktuellen Roman nicht anders.

Menschliche Abgründe

Das Ergebnis dieses Kahlschlags kann sich sehen lassen. "Am Rand" ist kein Buch, das einen an der Hand nimmt, so billig kommt man nicht davon, hier wird man mitgerissen in menschliche Abgründe und auch gleich wieder aus ihnen heraus. War es bisher vorrangig die Musik gewesen, mit der Platzgumer sein Publikum auf emotionale Achterbahnfahrten geschickt hat, so ist es mittlerweile mehr und mehr die Literatur, in der er versucht, seine Grenzen auszuloten.

Das freut die Leser, die Musikfans brauchen aber auch keine Angst haben, dass der Schriftsteller Platzgumer den Musiker Platzgumer in Pension schickt, denn der arbeitet schon wieder an neuen Miniaturen. Aber eben nur dann, wenn ihm das Schreiben die Zeit dazu lässt.

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