Essstörungen bei Jugendlichen

Jedes dritte jugendliche Mädchen und jeder siebte Bursch ist gefährdet, an einer Essstörung zu erkranken - etwa an Magersucht und Bulimie. Das sind neue Daten aus einer großangelegten Studie der Wiener Med-Uni über Essstörungen und psychischer Erkrankungen von Jugendlichen. Experten warnen nun in der Fastenzeit, dass Diäten bei Jugendlichen solche Essstörungen auslösen können.

Morgenjournal, 13.2.2016

Bisher gibt es nur Hochrechnungen und Schätzungen - etwa dass rund 200.000 Menschen in Österreich einmal im Leben an einer Essstörung erkranken - an Anorexie (Magersucht), Bulimie (Ess-Brechsucht) oder Formen der Esssucht, die eher mit Dickleibigkeit verbunden sind. Weibliche Jugendliche sind besonders betroffen - speziell von Magersucht. Nun sind 3500 Jugendliche befragt worden - im Rahmen der bisher größten solchen Studie.

Ein erstes Zwischenergebnis: Jedes dritte Mädchen unter 18 und jeder siebente Bursch gehört zur gefährdeten Risikogruppe, sagt Andreas Karwautz, Leiter der AKH-Ambulanz für Essstörungen bei Jugendlichen: "Man kann grob sagen, 31 Prozent der Mädchen, 15 Prozent der Burschen, also das ist bei den Burschen grad die Hälfte der Auffälligkeit der Mädchen."

In der Fastenzeit warnt Karwautz Jugendliche nun vor Diäten und Lisa Tomaschek-Habrina, Leiterin des So-What Therapie-Instituts gegen Essstörungen, sagt: „Fasten hat prinzipiell einen gesundheitsförderlichen Aspekt, wird aber häufig dazu mißbraucht, eine Diät zu beginnen. Und wenn es außer Kontrolle gerät, kann es auch zu einer Essstörung führen.“

Karwautz ergänzt: „Es gibt aus meiner Sicht keinen vernünftigen Grund, in diesem Alter Gewicht zu reduzieren, außer man ist schwerst übergewichtig oder hat eine spezifische Erkrankung, die Gewichtsreduktion fordert. Ich habe oft gesehen, dass junge Menschen im Rahmen einer Diät diese nicht mehr kontrollieren können und in eine manifeste Essstörung hineingeraten.“

Aber eine Untersuchung in Wien hat im Herbst ergeben, dass jede dritte Schülerin und jede zweite 16-Jährige schon einmal eine Diät gemacht hat. Der allgemeine Schlankheitswahn spielt da natürlich eine Rolle. Als anfällig für Magersucht gelten außerdem besonders strebsame Jugendliche und Tomaschek-Habrina sagt: "Es gibt auch andere Auslöser klarerweise, wie psychische oder körperliche Gewalt."

Auch Scheidungskinder, die sich Zuwendung von den Eltern wünschen, sind laut Psychiater Karwautz häufiger betroffen. Seine großangelegte Studie hat ergeben, dass bei Mädchen die Anfälligkeit für Essstörungen mit 15 am höchsten ist, bei Burschen schon mit 13. Tomaschek-Habrina: "Es gibt auch mittlerweile anorektische und bulimische Jungen. Und die holen sich oft von Mädchen Tipps, wie man abnehmen und schlank bleiben kann. Wir haben um die 10 Prozent Burschen als Klienten."

Verärgert ist die Expertin über Internetseiten, wo ganz offen Anweisungen zum Hungern und zur Anorexie gegeben werden. Laut Zahlen der Statistik Austria für 2014 gab es da 1300 Spitalsaufenthalte und 12 Todesfälle wegen Anorexie und Bulimie.