Die Orgel der Pariser Philharmonie
Vor einem Jahr wurde am Ostrand der Metropole die neue Pariser Philharmonie eröffnet. Das von Jean Nouvel geplante Haus hat sich seither zu einem Publikumsmagneten entwickelt. Jetzt hat der Konzertsaal auch eine Orgel bekommen, gebaut von der österreichischen Firma Rieger aus Vorarlberg.
8. April 2017, 21:58
Kulturjournal, 16.2.2016
Mehr als sieben Monate haben die Installation und das Stimmen dieser "Orgel des 21. Jahrhunderts", wie es in der französischen Presse hieß, in Anspruch genommen. Dieser Tage wurde sie mit einem umjubelten Eröffnungskonzert eingeweiht.
Service
Arte - Einweihungskonzert der neuen Orgel der Pariser Philharmonie
Rieger - Pariser Philharmonie
Philharmonie de Paris
Le Monde - Plongée dans le ventre de l’orgue de la Philharmonie de Paris
"Ein unschätzbarer Glücksfall"
Kein geringerer als Bernard Foccroulle, Direktor der Opernfestspiele von Aix-en-Provence und leidenschaftlicher Organist, gab den Auftakt zum Eröffnungskonzert: an einer weißen Konsole allein auf der weiten Orchesterbühne im riesigen, hohen Rund des Saals mit 2.500 Zuhörern, an dieser Orgel, für die Dutzende Begeisterte der Orgelmusik jahrelang gekämpft hatten, damit sie überhaupt geschaffen werden konnte.
Unter ihnen Olivier Latry, Organist der Pariser Kathedrale Notre Dame: "So ein Instrument zu haben ist ein unschätzbarer Glücksfall, auch für Paris und ganz Frankreich. Es gibt sehrt wenige Orgeln in Konzertsälen, und diese hier ist extra konzipiert worden für diesen Konzertsaal. Es ist ein Orchesterinstrument, das gleichzeitig das gesamte Orgelrepertoire bewältigen kann. Wir haben unser Ziel erreicht und ich freu mich jetzt schon auf alles, was wir dank dieses Instrumentes machen können."
Bislang konnte in Paris zum Beispiel Saint-Saens 3. Symphonie einfach nicht gegeben werden, betont sein Kollege Thierry Escaich, und unterstreicht: "Auf diese Saalorgel in Paris haben viele sehr lange gewartet, das ist ein Teil der Orgelgeschichte und ein echtes Ereignis, das es seit sehr, sehr langer Zeit in Paris nicht mehr gegeben hat. Es ist eine Orgel in den Dimensionen wie Philadelphia oder Chicago."
Versteckt & bis zu neun Meter hoch
Eine weitere Besonderheit dieser Orgel: Ihre Pfeifen sind - mit wenigen symbolischen Ausnahmen - aufgrund einer Auflage des Architekten, hoch oben an der Frontseite des Saals hinter einer Wand aus beweglichen, meterhohen Holztafeln verborgen. Diese werden nur bei Orgelkonzerten teilweise oder ganz geöffnet und geben - wie nach dem Öffnen eines Theatervorgangs - den Blick auf die sensibel ausgeleuchtete Orgel frei.
Der Franzose Michel Garnier, der im Auftrag der Vorarlberger Firma Rieger 2010 auch schon die Orgel des Musikvereins in Wien eingerichtet hat, ist derjenige, der das Instrument der Pariser Philharmonie mit seinen 6.055 Pfeifen - die größte neun Meter hoch und 350 Kilo schwer - gestimmt und zum Leben erweckt hat. "Die wichtigste Stärke und Qualität der Firma Rieger besteht in ihrer Struktur", erklärt Garnier: "Wir sind 55 Leute mit einer sehr großen Werkstatt, wo man große Volumen bauen kann; und es gibt die entsprechende Infrastruktur, um so etwas in akzeptablen Zeiträumen zu bauen."
"Möge sie die Komponisten inspirieren"
Der Organist Thierry Escaich: "Für uns Künstler ist diese Arbeit des Stimmens das Wichtigste überhaupt - es geht um die Tonfarbe, die dem Saal entspricht und darum, dass die Orgel eine Persönlichkeit bekommt."
Michel Garnier hatte in den letzten sieben Monaten fast jede Nacht in der Pariser Philharmonie verbracht, um jede einzelne Pfeife dieser Orgel zu stimmen. Vor der Pensionierung hat er in Paris sozusagen sein letztes Werk hinterlassen und wünscht sich eines ganz besonders: "Ich hoffe, dass diese Orgel Komponisten inspiriert, dass sie Anreiz ist, für Improvisationen und Partituren - das ist mein größter Wunsch."