Keine Klassenwiederholung in der Volksschule

Volksschüler sollen künftig ohne Gefahr des Sitzenbleibens bis in die vierte Klasse kommen, und zwar im Zuge einer neuen, österreichweiten Form von Leistungsbeurteilung. Bis zur dritten Klasse sollen überall Ziffernnoten abgeschafft werden. Das ist der Kern eines Entwurfs des Unterrichtsministeriums zum Schulrechtspaket, das auch Teile der geplanten Bildungsreform regeln soll. Der Entwurf liegt dem Ö1-Mittagsjournal vor.

Mittagsjournal, 17.2.2016

Weg mit den vielen Schulversuchen, auch bei den Ziffernnoten. Das ist ein Hauptpunkt der Bildungsreform. Statt den Noten Eins bis Fünf sollen es künftig fix an allen Volksschulen nur noch verbale Leistungsbeurteilungen sein, und zwar bis einschließlich der dritten Klasse. Im Papier aus dem Unterrichtsministerium heißt es dazu, Zitat: „In Bewertungsgesprächen sollen die Eltern oder sonstigen Erziehungsberechtigten über den Lern- und Entwicklungsstand, über Lernfortschritte und Leistungsstärken sowie Begabungen informiert werden. Darüber hinaus soll jeweils am Ende des Wintersemesters und am Ende des Unterrichtsjahres eine schriftliche Semester- bzw. Jahresinformation ergehen, die das Zeugnis mit Ziffernbeurteilungen ersetzen.“

Und das könnte auch bedeuten, dass in der neuen Beurteilung steht, überspitzt formuliert: Der Schüler, die Schülerin hat sich sehr bemüht.
Parallel zur verbalen Beurteilung von der ersten bis zur dritten Klasse bestünde dann auch keine Gefahr mehr sitzenzubleiben - ein Aufsteigen in die jeweils nächste Klasse würde sozusagen automatisch passieren.

Zitat aus den Erläuterungen des Ministeriums: „Das neue System der Leistungs- und Entwicklungsbeschreibung und -information bringt es mit sich, dass Kinder der 1. bis zur 3. Schulstufe jedenfalls zum Aufsteigen in die nächsthöhere Schulstufe, also bis in die 4. Klasse, berechtigt sind.“ Und weiter: „Moderne Pädagogik darf ein Wiederholen von Schulstufen in diesem Altersbereich nicht zulassen.“

Rein verbale Beurteilungen gibt es auch jetzt schon, aber nur als Schulversuche, und derzeit werden Schüler üblicherweise nur bis zur zweiten Klasse fix mitgenommen, in Ausnahmefällen auch bis zur dritten Klasse.

Künftig soll es also bis zur Vierten kein Durchfallen mehr geben - und erst dann Ziffernnoten. Es sei denn, die Eltern verlangen für ihren Sohn oder ihre Tochter von sich aus Noten von Eins bis Fünf, die müssten die Lehrer dann ergänzend zur verbalen Beurteilung geben. Aber selbst wenn hier ein Fünfer stünde, würde das noch nicht bedeuten, dass der Schüler, die Schülerin durchfällt.

Ein freiwilliges Wiederholen einer Klasse soll laut dem Ministeriumspapier in Ausnahmefällen möglich sein, Zitat: „was aber im Hinblick auf das Ziel der österreichischen Schule, nämlich die Kinder und Jugendlichen in kürzest möglicher Zeit zu höchstmöglicher Bildung hinzuführen, äußerst restriktiv zu handhaben ist“.

Ebenfalls mit dem Papier als Teil der Bildungsreform kommen soll ein leichterer Übergang von den Kindergärten in die Volksschulen. Dafür sollen die Kindergärten künftig den Lehrerinnen Informationen geben dürfen, wie weit die Sechsjährigen in den einzelnen Bereichen sind, etwa auch, ob es noch Nachholbedarf gibt. Aber wie genau dieser Datenaustausch funktionieren soll, ist noch offen, auch, wie man den Datenschutz einhalten kann.

Über den Entwurf aus dem Bildungsministerium wird jetzt die ÖVP-Seite in der Regierung beraten. Demnächst soll das Schulrechtspaket in Begutachtung geschickt werden.