"Chagall bis Malewitsch" in der Albertina
"Russischen Avantgarden" sind ab heute in der Wiener Albertina zu sehen. Die Ausstellung präsentiert die Zeit zwischen 1910 und 1920 in Russland, als eines der vielfältigsten und radikalsten Kapitel der Moderne: Zu keinem anderen Zeitpunkt der Kunstgeschichte wurden vergleichbar viele Kunstschulen und Künstlervereinigungen gegründet.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 25.2.2016
Service
Albertina - Chagall bis Malewitsch. Russischen Avantgarden
Wer kennt es nicht, das schwebende Liebespaar von Chagall: der Bräutigam hält seine Braut an der Hand, an der sie im roten Kleid wie ein Luftballon fröhlich in der Luft schwebt. Diese Schwerelosigkeit, dieses Aufheben aller Maßstäbe ist es, was sämtliche Strömungen der Russischen Avantgarde gemeinsam hatten, erklärt Klaus Albrecht Schröder.
Über 100 Kunstwerke kamen für diese Ausstellung aus dem Staatlichen Russischen Museum St. Petersburg, das gemeinsam mit der Albertina für diese Ausstellung verantwortlich zeichnet. Daher hängen hier nebeneinander gleich mehrere Hauptwerke von Chagall, Malewitsch oder Kandinsky - Künstler, die im Russland der Stalinära in einem heftigen Wettbewerb miteinander standen. Ihre künstlerischen Positionen prallten aneinander, was unweigerlich zu einer Entscheidungsschlacht führte.
Kampf der Giganten
"Es kommt zu einem Kampf der Giganten, bei dem immer nur einer übrig bleiben kann: Malewitsch oder Chagall - es war Malewitsch, Chagall musste emigrieren; Kandinsky oder Rodtschenko - es war Rodtschenko, Kandinsky ist ans Bauhaus geflohen", erklärt Schröder. "Alle Avantgarden sterben ab Mitte der 20er Jahre." Denn nach der Oktoberrevolution von 1917 gab es in Russland keinen Kunst und Sammlermarkt mehr.
Zu sehen sind russische Entwicklungen der Avantgarde wie der Rayonismus, der Konstruktivismus oder der Kubofuturismus. Letzterer mit einer radikalen Flächigkeit, der sich von der Idee verabschiedet, die Wirklichkeit abzubilden. Da hängt das "Rote Quadrat" von Kasimir Malewitsch ebenso wie sein weltberühmtes "Schwarzes Quadrat".
Nach dem Tode Lenins
Schockierend ist, wie rasch sich das Kunstschaffen nach dem Tode Lenins veränderte bis hin zum offiziellen Parteitag 1932, als sämtliche Künstlervereinigungen und Kunstzeitschriften, die nicht den bolschewistischen Staat feierten, geschlossen wurden. Daher schwenkten viele Künstler innerhalb weniger Jahre von einem radikal avantgardistischen Pinselstrich hin zu den drahtigen Körpern des Sozialistischen Realismus.
Dokus über Geschichte Russlands
Ein besonderes Verdienst dieser Ausstellung: Es werden drei Dokumentarfilme über die Geschichte Russlands gezeigt, die die Einordnung der kunsthistorischen Entwicklungen sehr erleichtern.