MUMOK: Moderne vs. Aktionismus

Unter dem Titel "Körper, Psyche & Tabu" wirft das Wiener Museum für Moderne Kunst (MUMOK) einen neuen Blick auf die frühe Wiener Moderne um 1900 und setzt diese in Bezug zum Wiener Aktionismus der 1960er Jahre.

Unterstützt durch zahlreiche Leihgaben österreichischer Museen und Sammlungen zeigt das Museum Werke von Gustav Klimt über Richard Gerstl, Oskar Kokoschka bis zu Koloman Moser, Max Oppenheimer und Egon Schiele. Diese werden Arbeiten von Aktionskünstlern wie Günter Brus, Otto Muehl, Hermann Nitsch und Rudolf Schwarzkogler gegenüber gestellt.

Mittagsjournal, 2.3.2016

Eva Badura-Triska schreibt nicht die Wiener Kunstgeschichte um - die Kuratorin fokussiert sie neu und zeigt in ihrer Ausstellung, dass es weit mehr Parallelen zwischen dem Wiener Aktionismus und der frühen Wiener Moderne gibt, als gedacht: "Meine These ist, dass die Künstler am Jahrhundertanfang schon etwas gemacht haben, was dann in den 60er Jahren erste Namen, Körperkunst oder Body-Art, bekommen hat. Das wird vor dem Hintergrund des Wiener Aktionismus besonders evident: Dieses Bewusstsein, wie wichtig unser Körper ist, dass wir die Welt über den Körper wahrnehmen, und dass auch die Kunst sich daher mit dem Körper, auch mit den Verbindungen von Körper und Psyche, auseinandersetzt."

Warum ausgerechnet in Wien?

Damit seien die Künstler der Wiener Moderne einzigartig in ganz Europa. Es stelle sich die Frage, warum die, so die Meinung der Kuratorin, weltweit radikalste Körperkunst um 1900 in Wien stattgefunden hat und sich in den 1960 noch einmal in Wien wiederholte. Eva Badura-Triska sieht beide Male den Grund in der Gesellschaft, die kollektiv verdrängte. "Die Künstler haben das gespürt. Sie haben nicht politisch agiert, aber sie haben am Beispiel des Körpers den Finger auf die Wunde gelegt."

In beiden Gruppen wird der menschliche Körper als Spiegel und Widerpart existenzieller und gesellschaftlicher Erfahrung thematisiert. Aber auch Sexualität, Geschlecht und Masturbation sind Inhalt der Arbeiten. "Und sie haben dieses alte Thema des Kreislaufs des Lebens", ergänzt die Kuratorin. "Schiele hat dieses fantastische Bild der toten Mutter gemalt, wo man nicht weiß: Liegt das Kind am Schoß oder ist es noch der Embryo, der noch im Leib ist? Wo beginnt das Leben? (…) Das haben die Wiener Aktionisten auch gemacht."

Die Kuratorin sieht in den verschiedensten Genres Ähnlichkeiten und frühe Ausformungen der 60er-Jahre-Bewegung. Kokoschka hat etwa ein Drama geschrieben, das die Kuratorin als erste Kunstaktion deutet, Schiele hat gedichtet - visuelle Poesie, die an späte Konzepte von Rudolf Schwarzkogler erinnern würde. Die Liste ließe sich, so Eva Badura-Triska, noch lange fortführen. Wahrscheinlich wird es nicht ihre letzte Ausstellung zu diesem Thema sein.

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