Roman von Eva Schmidt

Ein langes Jahr

In einer kleinen Stadt an einem großen See werden Menschen von grausamen ebenso wie zärtlichen Momenten gestreift. Die Vorarlberger Schriftstellerin Eva Schmidt breitet in "Ein langes Jahr" ein Netz aus poetisch schlanken Prosaminiaturen aus. Es ist ihr erster Roman seit 19 Jahren. Das Feuilleton jubelt.

Ein Mann in Jeans steht auf dem Rasen

Jung & Jung

"Einer der markantesten Romane dieses Frühlings"

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Eva Schmidt, "Ein langes Jahr", Roman, Jung & Jung Verlag

In den 1980er Jahren hat Eva Schmidt mit zwei Büchern und zahlreichen Preisen das begonnen, was man im Branchenjargon eine vielversprechende literarische Karriere nennt. Dann folgte 1997 noch der Roman "Zwischen der Zeit". Dem neuen Roman merkt man die literarische Erfahrung der Autorin ebenso an wie das lange Schweigen: das nicht Abgenutzte ihrer Sprache und Erzählweise, die genaue Arbeit an den einzelnen Texten, in denen kein Wort zu viel ist, wie am Erzählbogen, der sich über sie spannt. Vor allem aber spürt man im Vibrieren hinter der stillen Oberfläche der einzelnen Sätze, dass hier jemand wirklich etwas zu erzählen hat.

Dabei drängt sich der lnhalt des mehrfach gebrochenen Erzählfadens nie in den Vordergrund, sondern sickert mit einer faszinierenden und oft schmerzlichen Beiläufigkeit ein in die 38 Prosaminiaturen, die ganz eigenständig, aber durch ihre Personen und Situationen miteinander verknüpft sind.

Hunde spielen dabei eine fast ebenso wichtige Rolle wie Menschen. Das beginnt schon im zweiten Text mit dem Hund Albuquerque aus New Mexico, der der Einfachheit halber Kerk gerufen wird und nicht lange lebt. Doch die Trauer des alten Herrn Agostini um ihn wird als wichtiger Erzählfaden weitergewebt. Und der diffuse Blick der Nachbarn auf die Familienkonstellation, die für sie nicht klar war, wird sehr viel später scharfgestellt. Das ist auch eine der erzähltechnischen Stärken dieses Romans: das Aufblitzen von kurzen Situationen wie hinter Milchglas, und wie sie dann viele Seiten später in klares Licht getaucht werden.

So sind die stillen Katastrophen, die in den Focus dieses Beobachtens und Erzählens rücken, und eigentlich verbietet es sich, sie nachzuerzählen, denn damit werden sie zu dramatischen Ereignissen. lm Roman ereignen sie sich mit einer Selbstverständlichkeit, als könnte das alles anders gar nicht sein. Und gerade das verschlägt einem beim Lesen den Atem.