Volkstheater-Chefin präsentiert neuen Spielplan

Anna Badora, die seit einem Jahr das Wiener Volkstheater leitet, hat ihren Spielplan für die Saison 2016/17 vorgestellt: Sie zeigt 20 Produktionen, darunter neun Uraufführungen unter dem Motto "Gemeinschaft".

Badoras erstes Jahr war nicht nur von großen Erfolgen gekrönt. Viele Produktionen blieben unter den Erwartungen, es gab permanente Gerüchte über Auslastungsprobleme und schlechten Kartenverkauf, das Publikum von "Volkstheater in den Bezirken" revoltierte gegen das Programm, und auch der Umbau der Zuschauertribüne hat nicht allen gefallen.

Dramaturg Roland Koberg, Constance Cauers (Leitung Junges Volkstheater), Direktorin Anna Badora, Dramaturgin Heike Müller-Merten und der kaufmännische Direktor Cay Stefan Urbanek

Dramaturg Roland Koberg, Constance Cauers (Leitung Junges Volkstheater), Direktorin Anna Badora, Dramaturgin Heike Müller-Merten und der kaufmännische Direktor Cay Stefan Urbanek

APA/HERBERT NEUBAUER

Mittagsjournal, 3.5.2016

Ein Ort für gesellschaftlichen Diskurs

Der Illusion, dass diese erste Saison am wohl schwierigsten Theaterhaus des Landes einfach würde, hat sich Anna Badora von Beginn an nicht hingegeben, als sie voller Energie und frei nach dem Motto "no risk, no fun" im Vorjahr ihr Amt angetreten hat: "Wir wollen das Volkstheater zu einem Ort machen, in dem gesellschaftlicher Diskurs stattfindet. Unsere Stücke und Vorgangsweisen haben polarisiert, wurden teils kritisch besprochen, aber haben dazu geführt, dass das Publikum Haltung zeigt."

Dennoch, die Auslastungszahlen sind erschreckend niedrig und liegen, wie Geschäftsführer Kai Urbanek ausführt zwischen 67 und 69 Prozent, und dass obwohl Badora durch den Umbau des Zuschauerraumes rund 120 Sitzplätze weniger zu füllen hat, als noch ihr Vorgänger.

Konzept & Regisseuren treu

Durchhalten ist Badoras Motto, und verpflichtet daher dieselben Regisseure wie im letzten Jahr: Dusan David Parizek inszeniert als Erföffnungsproduktion Katherine Anne Portes Roman "Das Narrenschiff" in eigener Bühnenfassung, Yael Ronen wird ein Stück erarbeiten, Nikolaus Habjan wird Nathan der Weise mit Puppen und Schauspielern erzählen. Man zeigt Molieres "Menschenfeind" und Horwarths "Kasimir und Karoline", Jelineks "Rechnitz" und Christine Eders "Untergangsrevue", die zuletzt mit ihrer "Proletenpassion" mit dem Nestroy ausgezeichnet wurde.

Badora selbst wagt sich an Grillparzers "Medea": "Medea, die die Themen Identitätsverlust durch Entwurzelung und Flucht und Integrationsbestreben, um dazuzugehören, auf wunderbare psychologische, subtile und dramatische Weise erörtert", so die Direktorin.

Gemeinschaft und Zusammenhalt

Die Gemeinschaft, sei sie nun eine ideelle, eine Glaubens- oder Arbeitsgemeinschaft, ist heuer das Motto. So darf man auch auf die Uraufführung von "Traiskirchen. Das Musical" gespannt sein - eine Produktion von Die Schweigende Mehrheit. Nicht schweigend, hat das ältere Stammpublikum vom Theater in den Bezirken Badoras progressives Programm aufgenommen - man forderte in Briefen Erbauliches und weniger Problemstücke. "Allerdings haben diese dazu beigetragen, dass wir jetzt in engen Dialog mit den Zuschauern getreten sind", so Badora.

Immerhin schenkt man ihnen heuer den geforderten Klassiker, Goethes "Stella", und bietet ein Patenschaftsprojekt an, bei dem ein Stammbesucher einen jungen Menschen - vorzugsweise mit Migrationshintergrund - mit ins Theater nimmt. Wie das ankommt wird die Zukunft zeigen. Mit der Generalsanierung soll 2017 begonnen werden, die Werkstätten werden geschlossen.

Fazit: Badora bleibt ihrem Konzept und auch ihren Regisseuren treu, zehn Uraufführungen sprechen eine deutliche Sprache. Und trotzdem spürt man im neuen Programm eine gewisse Kompromissbereitschaft - das Sperrige und Neue wird mit Bekanntem, Bewährten gewürzt und ist vielleicht auch im Hinblick auf die dramatischen Auslastungszahlen ein Schritt in die richtige Richtung - hin zum Volk.

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