Breite Online-Überwachung geplant

Das Justizministerium plant neue Formen der Überwachung der Internet-Kommunikation: konkret sollen die Ermittler bei dringendem Tatverdacht und bei schweren Straftaten die Möglichkeit erhalten, auch verschlüsselte Nachrichten zu überwachen. Dazu zählt etwa die Kommunikation via Skype oder Whatsapp. Einige Experten äußern bereits Kritik.

Morgenjournal, 13.5.2016

Heimliche Online-Überwachung?

Während das Justizministerium betont, ein "Hacken" von außen mittels Spionagesoftware sei in dem vorliegenden Entwurf nicht enthalten, lesen Datenschützer und auch Justizexperten die Gesetzesvorlage sehr wohl so, dass die Option für eine Online-Überwachung von außen ermöglicht werden könnte.

Schwere Straftaten wie Mord oder Terrorverdacht - nur bei diesen Delikten soll die Online-Überwachung zum Einsatz kommen, so das Justizministerium. Es geht darum, verschlüsselte Kommunikation zu überwachen, etwa über Whatsapp, Skype oder auch über Spielkonsolen, die nach Angaben der Ermittler von Terrorverdächtigen oft genutzt werden.

Ein Hacken von außen sei in dem Entwurf nicht enthalten, heißt es im Justizministerium - doch zahlreiche Justiz-Experten sehen das anders. Und: das Gesetz könnte auf eine heimliche Online-Durchsuchung hinauslaufen, sagt etwa Farsam Salimi vom Institut für Strafrecht und Kriminologie der Universität Wien. Es betreffe Kontakt- und Adressdaten und Daten auf dem Weg zur cloud.

Grundsätzlich müsse man zwar Verständnis dafür haben, dass die Ermittler auch verschlüsselte Kommunikation überwachen möchten, sagt Salimi. auch dass die Behörden zusätzliche Daten wollen, sei nachvollziehbar, allerdings: in der Strafprozessordnung seien grundsätzlich Hausdurchsuchungen und Sicherstellungen offene Maßnahmen und keine heimlichen. Und davon entferne man sich jetzt ein Stück weit.

Sollte der Gesetzgeber eine Ferninstallation tatsächlich ausschließen wollen, wäre der Gesetzestext zu präzisieren, schreibt der Präsident des Obersten Gerichtshofes Eckart Ratz in seiner Stellungnahme. Und auch die Datenschutzbehörde sowie der Datenschutzrat kritisieren, dass Verbot einer Ferninstallation in dem vorliegenden Entwurf nicht klar geregelt sei.

Außerdem könnte eine solche Online-Überwachung einen Interessenskonflikt für den Staat bedeuten, so Reinhard Pichler von der Fakultät für Informatik an der TU Wien. Denn einerseits sei dem Staat die Sicherheit von Computersystemen ein großes Anliegen, aber in diesem Gesetz habe der Staat plötzlich ein genau gegenteiliges Interesse – dass Computersysteme Schwachstellen haben, durch die eingedrungen werden könne und dass diese Schwachstellen nicht öffentlich bekannt sind und durch die Hersteller behoben werden.

Wenn es aber Ermittlern möglich ist, durch Schwachstellen in ein System einzudringen, so ist es theoretisch jedem möglich, unbemerkt in so ein Computersystem zu kommen, sagt Pichler. Eine Konsequenz daraus sei, dass dadurch gewonnen Informationen nicht als glaubwürdige Beweismittel verwendet werden könnten. Denn, wie will man ausschließen, dass hier nicht jemand dritter Informationen bewusst abgelegt hat, um eine falsche Fährte zu legen, sagt Pichler.

Morgenjournal 8, 13.5.2016

Sektionschef Christian Pilnacek im Gespräch mit

"Vergleichsmaßstab ist Telefonüberwachung"

Klare und präzise Regelungen bei der Online-Überwachung verspricht Sektionschef Christian Pilnacek vom Justizministerium. Es sei nicht einzusehen, warum die Justiz ein Telefonat und ein SMS überwachen dürfe, aber eine technisch andere Kommunikationsform wie WhatsApp nicht, so Pilnacek im Ö1-Morgenjurnal um 8.