"Die Passagierin" im Theater an der Wien

Bejubelt wurde die Uraufführung von Mieczyslaw Weinberg zentralem Werk 2010 bei den Bregenzer Festspielen. Im Rahmen der Wiener Festwochen ist "Die Passagierin" erstmals in Wien zu erleben. In der 2006 uraufgeführten Oper trifft eine Auschwitz-Überlebende Ende der 1950er Jahre auf ihre einstige Aufseherin und wird zu deren Albtraum.

Das Werk basiert auf einem autobiografischen Roman von Zofia Posmysz. Inszeniert hat diese Produktion der Frankfurter Oper Anselm Weber. Am Pult steht Christoph Geschold.

Morgenjournal, 19.5.2016

Sie wollen per Schiff nach Brasilien: die einstige KZ-Aufseherin Lisa (Tanja Ariane Baumgartner) und ihr frisch Angetrauter (Peter Marsh) und die von ihr totgeglaubte KZ-Gefangene Marta (Sara Jakubiak). Durch den Anblick Martas ist die Vergangenheit plötzlich gegenwärtiger denn je. Die Grenzen der Zeiten verschwimmen ebenso wie die Schauplätze. Das Luxusschiff wird zur Hölle des Lagers. Die Schiffssirene wird zur Lagersirene, die Kajüte zur Baracke, die Salonkapelle zum Lagerorchester. Lisa ist dem Wahnsinn nahe.

Obwohl Weinberg die Oper nach einer wahren Begebenheit bereits 1968 vollendet hatte, fand eine konzertante Uraufführung erst 2006 in Moskau statt. Man fürchtete Assoziationen zwischen dem KZ und dem Gulag, dem Arbeitslager der Sowjetunion. Dem Werk wurde ein "abstrakter Humanismus" vorgeworfen. Die szenische Uraufführung fand während der Bregenzer Festspiele 2010 statt. Die Produktion die jetzt bei den Wiener Festwochen zu erleben ist, hatte vor einem Jahr an der Frankfurter Oper Premiere. Seither ist jede Vorstellung ausverkauft.

Im 21. Jahrhundert ist, so scheint es, die Zeit reif für die Passagierin meint Regisseur Anselm Weber der ab der Spielzeit 2017/18 die Intendanz des Schauspiel Frankfurt übernehmen wird. Weinberg setzt Elemente der Zwölftonmusik sowie Zitate aus der Volksmusik ein, zitiert Schostakowitschs "Lady Macbeth von Mzensk" ebenso wie die Musik Benjamin Brittens. Und er verwendet auch polnische, deutsche, englische und hebräische Sprache - wie das etwa auch Benjamin Britten in seinem "War Requiem" oder Krzysztof Penderecki im "Dies Irae" getan haben.

"Die Passagierin" ein vielschichtiger musikalischer Krimi ist im Rahmen der Wiener Festwochen heute und morgen im Theater an der Wien zu erleben. Wer das verpasst, muss sich nach Frankfurt bemühen wo die Produktion immer wieder auf dem Spielplan steht.

Service

Wiener Festwochen - Die Passagierin

Kurier - Zofia Posmysz im Interview
Frankfurter Rundschau - Auschwitz, ein Totenschiff
Deutschlandradio - Ein Meisterwerk, das zu Tränen rührt

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