Roman von Mosche Ya'akov Ben-Gavriel
Jerusalem wird verkauft oder Gold auf der Straße
Im Ersten Weltkrieg waren k.u.k. Truppen in Jerusalem stationiert - mit ihnen der gebürtige Wiener Mosche Ya'akov Ben Gavriel. Nach eigenen Tagebuchaufzeichnungen verfasste er den Roman "Jerusalem wird verkauft". Nun liegt die deutsche Erstausgabe des 1946 erschienenen Werkes vor.
8. April 2017, 21:58
Stefan May
Service
Mosche Ya'akov Ben-Gavriel, "Jerusalem wird verkauft oder Gold auf der Straße", Roman, Arco Verlag
Schon die ersten Eindrücke in Jerusalem zeigen Leutnant Dan die Diskrepanz zwischen Einwohnern und den österreichischen Offizieren. Dies schildert der Autor bildreich und mit viel Mitgefühl. Insgesamt ergibt das die großartige Beschreibung einer bizarren und unbekannten, deshalb aber umso interessanteren Epoche des an sein Ende gelangten Altösterreich.
Zitat
Dieses Buch ist ein Tagebuch aus dem Jerusalem des Ersten Weltkriegs, geführt von einem österreichischen Leutnant, der der türkischen Armee zugeteilt war. Es erzählt nichts von den Schlachten oder von den militärischen Bewegungen. Es ist die erste Darstellung der in aller Historie wohl ersten Plünderung dieser Heiligen Stadt nicht durch den Feind, sondern durch den Freund. Deutsche, Österreicher und Türken führten hier bis zum Einzug Allenbys einen Krieg nicht um eine Idee, nicht von Mann gegen Mann, sondern einen Kampf um die höchsten Goldkurse, gegen eine Bevölkerung, die infolge dieses Krieges der militärischen Spekulanten in unvorstellbarer Weise hungerte.
Der Autor übersiedelt 1927 nach Palästina und tauscht seinen Namen Eugen Hoeflich gegen Mosche Ya'akov Ben Gavriel. Zeitlebens kämpft er für die Idee des Pansemitismus und eines gemeinsamen Asiens; er schreibt aber weiter auf Deutsch. 1946 erscheint "Jerusalem wird verkauft" auf Hebräisch.
Dass dieses kleine literarische Juwel nun auch in deutscher Sprache erschienen ist, verdankt sich der Initiative "Europa in Israel", einer neuen Reihe des Arco-Verlags, an der drei Institutionen beteiligt sind: Das Archiv der National Library of Israel in Jerusalem, die Walter A. Berendsohn Forschungsstelle für deutsche Exilliteratur der Universität Hamburg und das Zentrum für Jüdische Studien der Universität Basel.
Der Grund für die Initiative liegt in den literarischen Schätzen, die in israelischen Archiven lagern. Viele jüdische Autoren und Autorinnen, die vor den Nationalsozialisten nach Palästina geflohen waren, schrieben weiterhin auf Deutsch, weil sie des Hebräischen nicht mächtig waren. Doch Deutsch war im späteren Israel die Sprache der Täter, die nur selten übersetzt wurde. Diese Literatur soll nun schrittweise erforscht werden.