Von Roland Steinacher
Die Vandalen
Hooligans bei der Fußball-EM sind ein gutes Beispiel für modernen Vandalismus. Doch eigentlich ist mit dem Begriff "Vandalen" ein germanisches Volk gemeint, das rund 400 nach Christi gegen das schon schwächelnde römische Reich opponierte. Der Altertumsforscher Roland Steinacher ist den Spuren dieses ehemaligen Volksstammes gefolgt: "Die Vandalen. Aufstieg und Fall eines Barbarenreichs" heißt sein neues Buch.
8. April 2017, 21:58
Kontext, 8.7.2016
Der "Vandale", so erklärt uns der Duden, sei ein "zerstörungswütiger Mensch". Solch unangenehme Individuen, die allerdings meist in Horden auftreten, gab und gibt es zu allen Zeiten. Gebiete plündern, Städte niederbrennen, Raub, Vergewaltigung und Mord waren keine hervorstechenden Untugenden der Vandalen oder auch der Goten. Die ach so kultivierten Römer handelten oft nicht anders. Geiserich, König der Vandalen und Begründer ihres kurzlebigen Reichs, wusste, dass er im 5. Jahrhundert nach Christi im Spiel um die Macht gegen die Römer gute Karten hatte. 439 war ihm das schier Unwahrscheinliche gelungen: Er und seine Vandalen hatten Karthago eingenommen und zu ihrem Hauptsitz gemacht. 455 wurde schließlich Rom geplündert. Geiserich stand auf dem Höhepunkt seiner Macht. Und wenn er, wie behauptet, gegen die zog, "denen Gott zürnt", so ist damit der arianische Glauben der Vandalen gemeint. Der Arianismus lehnt in Wesentlichen die Trinität ab. Gott allein ist das Ungeschaffene, das alles andere schafft. Damit waren die Arianer Gegner der römischen Amtskirche. Oder anders gesagt: Im Reich der Vandalen hatten römische Katholiken und deren Priester einen schweren Stand.
Roland Steinachers Buch "Die Vandalen" ist äußerst kenntnisreich geschrieben. Aufkommen, Machtgewinn, Etablierung und Untergang der Vandalen innerhalb der letzten Zeit des römischen Reichs werden in den einzelnen Phasen genau geschildert. Und damit wird auch beim Lesen klar ersichtlich, wie die Vandalen als "Barbaren" eng mit den Römern in Verbindung standen. Zudem verblüfft Steinacher öfters mit der Herstellung von Beziehungen, an die selbst etwas kundigere Leser sicher nicht gedacht hätten. So trug bis ins Jahr 1973 der schwedische König auch den Titel "rex Vandalorum", also „"König der Vandalen". Dabei wollten Schwedens Monarchen dem Anspruch auf Gebiete im Ostseeraum, dem heutigen Baltikum, Ausdruck verleihen. Das Ganze beruht auf einem Irrtum. Denn im Mittelalter machte man aus den Vandalen ein Volk aus dem Osten. Afrika – das war doch etwas zu weit entfernt. Aber was soll’s! Wir sind heute auch nicht besser, wenn wir unter Vandalen Fußball-Rowdies verstehen. Damit die Sache vom Kopf wieder auf die geschichtlichen Beine kommt, ist Roland Steinachers Vandalen-Buch sehr zu empfehlen.
Service
Roland Steinacher, "Die Vandalen. Aufstieg und Fall eines Barbarenreichs", Verlag Klett-Cotta