Roman von Elena Ferrante

Meine geniale Freundin

Elena Ferrante ist eine der erfolgreichsten Schriftstellerinnen Italiens. Zugleich weiß niemand, wer Elena Ferrante ist, denn es handelt sich um ein Pseudonym. Ihre Romane wurden auch bisher schon ins Deutsche übersetzt, allerdings mit geringem Interesse für die Person hinter dem Namen. "Meine geniale Freundin" ist das bislang vierte übersetzte Buch.

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Elena Ferrante: "Meine geniale Freundin", Roman, aus dem Italienischen von Karin Kriege, Suhrkamp Verlag
Originaltitel: "L'amica geniale"

Das erste Buch von Elena Ferrante erschien 1992 und wurde sogleich verfilmt. Nach zwei weiteren Büchern kam schließlich im Jahr 2011 der Kracher heraus: "L'amica geniale". Der Roman wurde mit dem Premio Strega ausgezeichnet und in England zu einem der bedeutendsten Werke des Jahrhunderts gewählt. Des sehr jungen Jahrhunderts, muss man dazu sagen. Aber gut, Elena Ferrante war plötzlich eine internationale Bestsellerautorin. Manchmal gibt sie auch Interviews, via E-Mail. Die sind aber immer so formuliert, dass man nicht einmal sagen kann, ob sich hinter dem Pseudonym ein Mann oder eine Frau verbirgt.

L'amica geniale

Die in Turin lebende Schriftstellerin Elena erhält einen Anruf aus Neapel: Der Sohn ihrer langjährigen Freundin Lila sucht seine Mutter. Lila ist verschwunden; sie hat auch alle ihre Sachen aus der Wohnung entfernt, sogar ihr Bild aus den Familienfotos ausgeschnitten. Elena ist nicht überrascht, hat ihre exzentrische Freundin doch immer wieder den Wunsch geäußert sich in Luft auflösen zu wollen. Zornig beschließt sie dieser Selbstauslöschung etwas entgegen zu setzen und die gemeinsame Geschichte aufzuschreiben.

So beginnt die Tetralogie "Meine geniale Freundin". Sie erzählt von der komplizierten Freundschaft zweier sehr unterschiedlicher Frauen, die sich von den 1950er Jahren bis ins Jahr 2010 erstreckt. Der jetzt auf Deutsch vorliegende erste Band handelt von der Kindheit und Jugend der beiden, die sich in einem armen Viertel Neapels abspielt, erzählt aus der Ich-Perspektive von Elena. Die schüchterne, angepasste Pförtnertochter Elena Greco bewundert die rebellische und hochbegabte Schustertochter Lila Cerullo, der die alten Zeitungen, in die ihr Vater die Schuhe einwickelt, genügen, um sich noch vor Schulantritt selbst das Lesen beizubringen.

Elena Ferrante verschränkt die Geschichten von sieben Familien ineinander und erschafft unter Aufbietung zahlreicher Figuren ein Panorama neapolitanischer Zeitgeschichte. Der Autorin gelingt das Kunststück die kindlich-jugendliche Erlebniswelt ihrer Protagonistin glaubhaft zu darzustellen, dabei aber rückblickend die erwachsene Elena erzählen zu lassen. Ihr Stil ist schlicht, ihr Personal zeichnet sie konkret und präzise ohne zu psychologisieren. Auf die Fortsetzung darf man gespannt sein!