Einigungsrichter: Der Richter als Mediator

Zu den Strafrichtern, Handelsrichtern und Familienrichtern in Österreich ist in den vergangenen Jahren eine neue Gruppe dazu gekommen, die sogenannten "Einigungsrichter". Sie versuchen mit Mitteln der Mediation Einigungen zu erreichen und hoffen auf eine gesetzliche Regelung für ihre Tätigkeit. Aber die ist derzeit vom Justizministerium nicht geplant. Das kleine Grüppchen der Einigungsrichter will trotzdem weitermachen und wachsen.

Morgenjournal, 7.9.2016

In Deutschland gibt es sogenannte Güterichter schon länger und per gesetzlicher Regelung. In Österreich arbeiten die Einigungsrichter ähnlich - aber quasi als Privatinitiative nur mit Deckung der Richtervereinigung. Konstanze Thau etwa ist Richterin am Wiener Landesgericht für Zivilrechtssachen aber auch Mediatorin. Und zusätzlich arbeitet sie unentgeltlich als Einigungsrichterin.

Ihr Argument: "Es kann sehr spannend sein, ein Urteil zu schreiben. - Noch viel spannender ist es in meinen Augen, Parteien zu einer dauerhaften Lösung zu helfen." Etwa, wenn sich der Gerichtstreit ums Geld vermischt mit familiären Streitigkeiten, erklärt Susanna Kleindienst, die in ihrer Richter-Pension unbezahlt als Einigungsrichterin fungiert: Aus meiner Sicht sind die aussichtsreichten Fälle jene, wo´s um Kinder geht, um Erbschaftsverfahren, wo´s um Gefühle geht, die anerkannt werden können."

Wenn Richter die Chance auf Einigung sehen, können sie Fälle mit Einverständnis der Betroffenen an Einigungsrichter weiter geben. Insgesamt vier Stunden Zeit nimmt sich der mediationsgeschulte Einigungsrichter / die Richterin. Oft gelingt die Einigung. Variante 2: Ohne Einigung geht der Fall zurück zum Verhandlungsrichter. Dabei gilt für die Richter: „Es gibt eine absolute Verschwiegenheitsverpflichtung. Das heißt der Einigungsrichter wird dem Streitrichter keinerlei Inhalte weitergeben, womit die Streitparteien völlig offen reden könnten.“

Variante 3: Die Einigungsgesprächen werden fortgesetzt mit einem Mediator, wobei laut Mediatorin und Richterin Thau gilt, „dass hier sauber gearbeitet wird und nicht jemand sich oder einem anderen Mediator ein geschäft zuschanzt.“
Die Einigungsrichter wünschen sich eine klare gesetzliche Regelung wie in Deutschland. Doch Britta Tichy-Martin, Sprecherin des Justizministeriums sagt zwar, man anerkenne die Initiative: "Derzeit ist aber seitens der Justiz nicht daran gedacht, diese Idee im Sinne einer Institutionalisierung weiter zu verfolgen."
Zu teuer und womöglich wären Planstellen und extra Räume nötig, lautet ein Argument.

Das zweite: Es gebe schon einigungsfördernde Institutionen der Justiz und jeder Richter strebe Einigungen an: "Es ist in der Zivilprozessordnung vorgesehen, dass am Beginn eines Zivilprozesses der Verhandlungsrichter mit den Parteien bespricht, inwieweit eine Einigung möglich wäre."

Dort steht auch: Der Richter kann auf Einrichtungen hinweisen, die zur einvernehmlichen Lösung geeignet sind. Genau durch diesen allgemeinen Passus, fühlen sich die Einigungsrichterinnen legitimiert, sie wollen Seminare für weitere potentielle Einigungsrichter anbieten und so das für die Bürger kostengünstige Angebot ausweiten. Aber zwei Juristen drei Meinungen - während der Wiener Oberlandesgerichtspräsident die Initiative unterstützt hat, gibt es in den anderen Bundesländern keine Einigungsrichter. Der Grazer Oberlandesgerichts-Präsident etwa meint, dazu bräuchte es eine eigene gesetzliche Regelung.