"Wege des Pointillismus" in der Albertina

Die Albertina in Wien zeigt ab morgen eine große Ausstellung zum Pointillismus - so wird der Stil genannt, den der französische Maler Georges Seurat im ausgehenden 19. Jahrhundert kreiert hat. Innerhalb kurzer Zeit wurde aus der Technik, Farbpunkt neben Farbpunkt auf die Leinwand zu setzen, eine künstlerische Strömung, die auch Vincent Van Gogh inspiriert hat. "Seurat, Signac, Van Gogh - Wege des Pointillismus" lautet der Titel der Schau.

  • Vincent van Gogh, "Der Sämann"

    Vincent van Gogh
    "Der Sämann", 1888
    Öl auf Leinwand

    Collection Kröller-Müller Museum, Otterlo, Niederlande

  • Georges Seurat, "Sonntag in Port-en-Bessin"

    Georges Seurat
    "Sonntag in Port-en-Bessin", 1888
    (Ausschnitt)

    Kröller-Müller Museum, Otterlo

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Morgenjournal, 15.9.2016

Weg mit der persönlichen Note

Als "Pigment-Pudding" bezeichnete ein zeitgenössischer Kunstkritiker die Malerei eines Pointillisten - und der Malerkollege Paul Gauguin verurteilte die Pointillisten als "Chemiker, die Punkte anhäufen". Durch die Punkt-Technik werde ihre persönliche Handschrift ausgelöscht. Und er hatte wohl recht - denn Georges Seurat, der Erfinder des Pointilismus, und seine Anhänger wollten tatsächlich die persönliche, malerische Geste eliminieren, zugunsten eines wissenschaftlichen Zugangs zur Kunst. Sie lasen Bücher über Farbtheorie, Chemie und Physik - und sie arbeitet nicht nach der Natur, sondern nach einem Konzept.

"Es ging nicht mehr um eine akademische Ästhetik, sondern empirisch, berechenbar, logisch nachvollziehbar", sagt Heinz Widauer, der Kurator der Ausstellung "Seurat, Signac, Van Gogh - Wege des Pointillismus". Georges Seurat hatte den neuen Stil und den entsprechenden theoretischen Unterbau um 1880 entwickelt; sein kongenialer Freund, der Maler Paul Signac, half ihn zu verbreiten. Wie bei den tausenden Pixeln, aus denen sich ein Digitalbild zusammensetzt, so mischt das Auge die Ölfarbe-Tupfer zu neuen Farben zusammen.

Wie erreicht man Harmonie?

Den Pointillisten ging es nicht darum, Gegenstände, Landschaften oder Menschen naturgetreu abzubilden, sondern Erklärungen zu finden, Antworten zu geben auf Fragen, die die Wissenschaft und die Technik nicht beantworten können. Etwa: was ist Vollkommenheit, wie erreicht man Harmonie?

"Um abstrakte Begriffe ging es ihnen, nicht um den Gegenstand an sich. Wenn Seurat einen Hafen an der Kanalküste gemalt hat, dann ist es ein anonymer Hafen - ein typischer Hafen für die Bretagne, aber es ist nicht ein topographisch identifizierbarer Hafen", erklärt der Kurator.

Ein Jahr für ein Kleinformat

Wie die Moderne den Pointillismus aufgreift, ist im letzten Raum der Ausstellung dargestellt - wie etwa Piet Mondrian den von den Pointilisten eingeschlagenen Weg fortsetzt und das gegenständliche Bildmotiv schließlich ganz von der Leinwand verbannt, oder wie Pablo Picasso die strenge Ordnung der Punkte in einem bunten Konfetti-Regen auflöst. Dass die Farbpunkte im Laufe der Jahre gröber wurden, bis hin zu lose herumschwirrenden Pinselklecksen ist auch dem Umstand geschuldet, dass die pointillistische Malweise sehr zeitaufwändig ist. Ein ganzes Jahr lang soll Georges Seurat an einem kleinformatigen Bild gearbeitet haben, wie besessen, Tag und Nacht.

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Albertina - Seurat, Signac, Van Gogh - Wege des Pointillismus

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