Boschs Fabelwesen in der Gemäldegalerie

Mischwesen, Gnomen und Monstern ist eine sehenswerte Ausstellung in der Gemäldegalerie der Akademie der bildenden Künste in Wien gewidmet.

Unter dem Titel "Natur auf Abwegen?" werden ausgehend von Hieronymus Boschs berühmtem Wiener Weltgericht erschreckende Kreaturen bis in die Gegenwart hinein untersucht. Die Ausstellung stellt den Abschluss zum Jubiläumsjahr anlässlich des 500. Todestages vom Hieronymus Bosch dar.

Hieronymus Bosch, Weltgerichtstriptychon, Mitteltafel, Detail, um 1490 bis um 1505, Öltempera auf Holz

Hieronymus Bosch, Weltgerichtstriptychon, Mitteltafel, Detail, um 1490 bis um 1505

Gemäldegalerie der Akademie der bildenden Künste Wien

Morgenjournal, 4.11.2016

Da läuft etwa ein Kopffüssler über das Altarbild des Hieronymus Bosch: ein menschlicher Kopf, der direkt auf Füssen geht und dem hinten lange Schwanzfedern unter dem Kopftuch herausragen. Eine Kreatur, halb Mensch, halb Tier, wie sie auch die Mythologie des antiken Griechenland schon kannte. Im Mittelalter tauchten diese Fabelwesen in der Buchkunst wieder auf, wie ein wunderschönes Gebetbuch aus dem Jahr 1415 zeigt, dessen Schriftspiegel ein Einhorn mit Vogelkopf ziert.

"Das Besondere bei Bosch", erklärt die Direktorin der Gemäldegalerie Julia M. Nauhaus, "ist, dass er diese Wesen so dreidimensional und so lebensecht darstellt, dass wir uns vor diesen Altar stellen und denken: Die könnten jetzt auch aus dem Altar herauswandern."

Hieronymus Bosch, Weltgerichtstriptychon, um 1490 bis um 1505

Hieronymus Bosch, Weltgerichtstriptychon, um 1490 bis um 1505

Gemäldegalerie der Akademie der bildenden Künste Wien

Das berühmte "Weltgerichtstriptychon" von Hieronymus Bosch, der große Stolz der Gemäldegalerie, entstand zwischen 1490 und 1504. Eines der eindrucksvollsten Motive auf diesem Altar, der die sieben Todsünden zeigt: ein Ei, das auf zwei muskulösen Beinen geht, und in dessen Inneren ein Teufel sitzt. Auch in nachfolgenden Zeiten wurde dieses Motiv wieder aufgegriffen, wie die Kuratorin der Ausstellung, Martina Fleischer meint.

Diese Mischwesen sind faszinierend bis heute: Eine Sirene mit Fischschwanz, als Symbol der Verführungskunst, taucht heute etwa im Starbucks-Logo wieder auf. Auch die Gegenwartskunst befasst sich mit diesem Thema: Die Künstlerin Irene Hopfgartner etwa hat Tierpräparate geschaffen, in denen ein Sperberkopf auf einem Eichelhäher herauszuwachsen scheint.

Service

Akademie der bildenden Künste - Natur auf Abwegen? Mischwesen, Gnome und Monster (nicht nur) bei Hieronymus Bosch
4. November 2016 bis 29. Jänner 2017

Klonschaf Dolly & die Vacanti-Mäuse

Und das ist die gesellschaftskritische Dimension dieser Schau: Sie zeigt, dass der Mensch in sehr präpotenter Weise in die Natur eingegriffen hat. Was jahrhundertelang nur der künstlerischen Phantasie entsprang, wurde später ganz real umgesetzt. Zum Beispiel durch Klonen. Deshalb ist hier auch das Klonschaf Dolly aus dem Jahr 1996 abgebildet oder die Vacanti-Mäuse, ebenfalls aus den 1990er Jahren. Das sind Labormäuse, die als Bioreaktoren zur Züchtung von Knorpelgewebe genutzt wurden. Sie sehen aus wie haarlose Mäuse, aus deren Rücken ein riesiges menschliches Ohr wächst.

Eine sehr sehenswerte Ausstellung, die einen gruseln lässt angesichts des menschlichen Eingreifens in die Natur.