Tauziehen um Wiener Heumarkt-Projekt

Das Hochhaus-Projekt am Wiener Heumarkt, das schon zu Grabe getragen schien, ersteht jetzt in neuer Form wieder auf. Nach sechs Monaten Nachdenkpause präsentierte gestern im Rathaus die zuständige Planungsstadträtin, Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou, das neue Projekt: 8,5 Meter niedriger, aber immer noch 28 Meter über der Höhe, die für Wien einen Verbleib in der UNESCO-Weltkulturerbeliste erlauben würde.

Rendering des geplanten Hochhauses am Wiener Heumarkt

Das Rendering zeigt die Planung für die Neugestaltung des Wiener Heumarkt-Areals, also jenes Stadtgebiet, auf dem sich das Hotel Intercontinental, das Konzerthaus bzw. der Eislaufverein befindet.

APA/ISAY WEINFELD&SEBASTIAN MURR

Geheime Pressekonferenz

Österreich hat ein neues politisches Format: die geheime Pressekonferenz. Als eine solche war gestern die Präsentation des Hochhaus-Projektes am Wiener Heumarkt im Rathaus geplant. Das Büro Vassilakou war sehr bemüht, Zeit und Ort der Veranstaltung vor den Medien geheim zu halten. Es sprach sich dann doch wie ein Lauffeuer in der Kollegenschaft herum. Am Ende war die Pressekonferenz gut besucht, als Maria Vassilakou das mittlerweile redimensionierte Projekt zusammen mit Investor Michael Tojner präsentierte.

Entgegenkommen der Öffentlichkeit

Die Gebäude sollen jetzt etwas niedriger, aber dafür breiter werden, das Hotel Intercontinental, eine Ikone der 1960er Jahre von Carl Appel, soll abgerissen werden. Um hier bauen zu dürfen, soll Investor Michael Tojner eine Eislaufhalle in der Größe von 1000qm errichten und einen Turnsaal, der vom Akademischen Gymnasium genutzt werden kann. Die oberirdische Eislauffläche muss allerdings um etwa 250qm verkleinert werden, damit das Hotel einen neuen repräsentativen Eingang in Richtung Eislaufplatz erhalten kann.

Ist dieses Entgegenkommen der Öffentlichkeit gegenüber ausreichend, um diesen exquisiten Bauplatz in private Hände zu geben? Oder wird hier die schöne Wiener Innenstadt zur Kulisse für ein ehrgeiziges Bauprojekt, das ausschließlich einem privaten Investor zugutekommt? Das sind die Fragen, die derzeit die Diskussion anheizen.

"UNESCO wird dem nicht zustimmen"

Das Hochhaus ist jetzt 8,5 Meter niedriger, aber immer noch 28 Meter über der Höhe, die für Wien einen Verbleib in der UNESCO-Weltkulturerbeliste erlauben würde. Gleich nach der Pressekonferenz von Maria Vassilakou haben die Grünen Innere Stadt eine Aussendung gemacht: Sie befürchten, auch das redimenisonierte Projekt werde zu einer Aberkennung des Weltkulturerbe-Prädikats für Wien führen. Und prompt hat die Präsidentin der Österreichischen UNESCO-Kommission Eva Nowotny im "Morgenjournal" klargemacht, dass die UNESCO einem Gebäude in dieser Höhe nicht zustimmen werde.

Morgenjournal, 14.12.2016

Sollte die festgeschriebene Höhe von 43 Metern überschritten werden, so droht Wien eine Aufnahme in die Rote Liste und in Folge die Aberkennung des Weltkultur-Erbes, sagt Eva Nowotny in Ö1.

Ein Hochhausprojekt also, das viel Kritik hervorruft. Warum das so ist, wie mit den Höhenmetern jongliert wird, warum das Projekt in der Architekturszene als Wegbereiter für weitere Hochhäuser in der Ringzone gefürchtet wird, ob die Öffentlichkeit als Ausgleich für die Vergabe solcher Luxusbauplätze und welchen Einfluss der Fachbeirat hat, das versucht Sabine Oppolzer im Gespräch mit Andreas Vass zu klären, der im Vorstand der Österreichischen Gesellschaft für Architektur sitzt.

Kulturjournal, 14.12.2016

Wie wolle man anderen Investoren Projekte vergleichbarer Dimension, zum Beispiel hinter dem Rathaus, verwehren, wenn man dieses Projekt, das genau in der Achse des Belvederes liege, genehmige, äußert Andreas Vass seine Bedenken.

Nach der Verhandlung des Fachbeirats geht das Projekt weiter in die Flächenwidmung und muss dann am Ende noch im Gemeinderat beschlossen werden. Mit einem Baubeginn vor Ende 2019 ist nicht zu rechnen.

Morgenjournal, 14.12.2016

Das Hochhaus-Projekt am Wiener Heumarkt, das schon zu Grabe getragen schien, ersteht jetzt in neuer Form wieder auf.

Kulturjournal, 15.12.2016

Der Fachbeirat für Architektur und Stadtgestaltung hat keine Einwände mehr gegen das überarbeitete Hochhausprojekt. Architektin Hemma Fasch, Mitglied des Beirats, im Interview.

Morgenjournal, 16.12.2016

Die Konzepte und Richtlinien der Wiener Stadtplanung bieten schwammige Zielsetzungen statt klare Visionen. Auch der Fachbeirat wirke wie eine österreichische Lösung, sagt der Stadtplaner Reinhard Seiß, der mit seinem Buch "Wer baut Wien?" bereits 2008 viele Machenschaften des Wiener Bauwesens beleuchtet hat.