Bibelessay zu Matthäus 6, 24 – 34

Mehrere bekannte und oft zitierte Sprüche Jesu begegnen heute im Evangelium des Matthäus. Wer kennt es nicht, das Wort von den zwei Herren, denen man nicht dienen kann?

Wie oft wird es doch in den unterschiedlichsten Kontexten gebraucht. Dabei ist die Botschaft klar. Man kann nicht Gott und dem Geld gleichermaßen dienen.

Im September letzten Jahres etwa sagte Papst Franziskus in einer Auslegung dieses Spruches, man müsse sich zwischen der Logik der Korruption, der Unterdrückung und Gier und der Logik der Aufrichtigkeit und des gemeinsamen Teilens entscheiden. Und er erkannte zurecht, dass es mit der Korruption wie mit den Drogen sei: Man denke, sie nützen und könne damit aufhören, wenn man wolle. Dem sei nicht so, da die Korruption Sucht verursache, Armut, Ausbeutung und Leid.

Was der Papst hier anspricht, trifft den Nerv des Jesuswortes. Wer dem Geld dient, wird von ihm in den Bann gezogen. Es wird ihm zum Götzen, zu etwas, wofür man sein Leben gibt. Wer Geld hat, kann nicht genug davon bekommen, rafft es an sich, vergrößert schließlich seinen Reichtum um des Reichtums willen. Diese Botschaft ist nicht schwer nachvollziehbar. Doch geht Jesus einen Schritt weiter, indem er jegliche Sorge um Essen und Kleidung als falsch erklärt. Hier wird es schon schwieriger ihm zu folgen. Wie soll man der alleinerziehenden Mutter, die sich mit Teilzeitjobs über Wasser hält, erklären, dass sie den lieben Gott für sie sorgen lassen soll? Würde sie es nicht als blanken Zynismus erleben?

Die Worte Jesu haben eine gewisse Parallele in der jüdischen Tradition. So heißt es etwa einmal in einem Abschnitt des babylonischen Talmuds (Qidduschin 82ab) im Namen eines Rabbis Schimon ben Eleazar: „Ich habe nie einen Hirsch ernten gesehen oder einen Löwen Lasten tragen oder einen Fuchs einen Laden führen, und doch werden sie versorgt, dass sie nicht in Sorge sind.“ Die Voraussetzung dafür, so sagen die Rabbiner, ist das Leben im Dienste Gottes. Genauer noch halten sie das Lernen und das Studium als eine Quelle des Gottesdienstes für so wichtig, dass es alle irdische Sorge verdrängen soll. Das führt im Extremfall dazu, dass man auf die Ausübung eines Berufes verzichtet, um sich ganz dem Lernen widmen zu können, oder aber einen Beruf wählt, der möglichst wenig vom Lernen abhält. Denn, so heißt es an anderer Stelle (bEruvin 55a), dass man Gottes Lehre nicht bei den Hochmütigen noch bei den Kaufleuten und Händlern finde, also bei denen, die sich aufgrund ihres Berufs nicht mit dem Lernen beschäftigen können.

Jesu Wort von den Vögeln und den Lilien ist ähnlich radikal. Wer die Sorge um das alltägliche Leben aufgibt und sich Gottes Fürsorge hingibt, so die Botschaft, wird das Seinige bekommen. Wichtig ist, sich mit Gottes Botschaft zu beschäftigen, mit seinem Willen. Wer danach lebt, bekommt das andere geschenkt.

Ich denke, dass eine solche radikale Botschaft nur unter bestimmten Bedingungen funktioniert. Es braucht eine Gemeinschaft, die solches Leben ermöglicht. In unserer harten Arbeitswelt ist ein Prinzip des in den Tag Hineinlebens und nicht um morgen Kümmern weder gern gesehen noch ertragreich. In einer Gesellschaft, in der Sonntagsarbeit diskutiert wird, in der Rundum-Erreichbarkeit zum Prinzip gehört, in der Krankenstände und Urlaube wie notwendige Übel betrachtet werden, in der es gleichzeitig zu wenige Jobs gibt, von denen die Menschen auch leben können, ist das Jesuswort bestenfalls eine utopische Hoffnung.

Andrerseits ist es eine heute umso mehr gültige Mahnung, die Wertigkeiten richtig zu setzen. Weder Geld noch Beruf noch Karriere sollen im Mittelpunkt eines Menschen stehen, der sich an Jesu Botschaft orientiert. Es gilt vielmehr im täglichen Leben Gott zu dienen, sich an seinem Willen auszurichten, der sich auch im Umgang mit dem Mitmenschen spiegelt. Vielleicht hilft es schon, jeden Tag ein wenig zu versuchen, die Wichtigkeiten zu überdenken und sein Leben damit neu auszurichten.