Bibelessay zu Matthäus 17, 1 – 9

An drei markanten Punkten auf dem Weg Jesu überliefern die sogenannten synoptischen Evangelien, d. h. die Evangelien von Matthäus, Markus und Lukas, eine Vision.

Am Beginn des öffentlichen Auftretens Jesu, bei der Taufe am Jordan (Mt 3, 17), am Kreuz, als alles gescheitert und zu Ende scheint (Mt 27, 54), und hier in der Mitte seines Weges. Und – wie bei einer Vision typisch – wird etwas zu sehen möglich, was noch nicht wirklich sichtbar ist, und was noch nicht für alle Menschen sichtbar ist.

Da ist die Rede von den „drei Hütten“, wörtlich „drei Zelten“. In der hebräischen Bibel, dem Alten Testament, ist überliefert, dass Gott nach dem Auszug aus Ägypten auf dem Weg durch die Wüste ins Gelobte Land in einem Zelt bei seinem Volk wohnt. Erst in späterer Zeit wurde in Jerusalem der Tempel gebaut. Das Zelt schafft ein Zuhause und bleibt zugleich beweglich, es schützt und ist doch offen.

Mose und Elija sollen Jesus zur Seite stehen, um seinen Weg zu gehen. Mose und Elija werden in der Tradition als der erste und der letzte Prophet verstanden. Zugleich verkörpern sie die gesamte biblische Tradition. Und beide, Mose und Elija, wurden nach ihrem Tod in den Himmel entrückt und sollen wiederkommen. Mose und Elija sind religiöse Vorfahren, sie sollen Jesus stärken auf seinem eigenen Weg. Es ist gut, um die eigenen Vorfahren zu wissen und von ihnen begleitet und gestärkt zu werden.

Und da ist die Dreiergruppe Petrus, Jakobus und Johannes, die als besondere Jünger hervorgehoben sind, Petrus ist im Matthäusevangelium als Sprecher etabliert. Die drei erschrecken nicht bei der „Verwandlung“ Jesu, auch nicht beim Erscheinen von Mose und Elija, sondern erst bei der Vision der leuchtenden Wolke und der Stimme. Denn die Vision der Wolke und der Stimme macht deutlich: Jetzt kommt Gott ins Spiel, jetzt wird Gott selbst erfahrbar. Und die Bibel erinnert immer wieder daran: Die Begegnung mit Gott lässt den Menschen erschrecken und erschaudern.

Jetzt aber, mit Jesus, ist es anders: Immer wieder, am Beginn und am Ende des Lebens Jesu – und jetzt bei dieser Vision heißt es: „Steht auf! Habt keine Angst!“ Jesus macht eine andere Erfahrung mit Gott sichtbar: Die Begegnung mit Gott lässt den Menschen „aufstehen“ und lässt die Angst verschwinden. Das ist das Herzensanliegen Jesu: „Steht auf! Habt keine Angst!“

Bei dieser Vision der „Verklärung“ sind nur die drei engsten Jünger mit dabei. Sie sind „auf einem Berg“, wie es heißt, in der Bibel meint dies einen Ort der Gottesnähe und Gottesbegegnung. Und da wird Jesus „vor ihren Augen“ verwandelt. Die Jünger können plötzlich Jesus in einem anderen Licht, in einem anderen Gewand sehen, strahlend und schön. Hier klingt für glaubende Menschen bereits die Auferstehung an.

Mir gefällt der Text, ich wünsche mir das auch manchmal: die Menschen, die mir lieb sind, und auch mich selbst manchmal verwandelt zu sehen, in einem neuen Licht. Es wäre schön, einander nicht nur mit den mühsamen und nervenden Seiten zu sehen, sondern verwandelt, wie schon ein bisschen „erlöst“. Ich finde, der heutige Text aus dem Matthäusevangelium, diese Vision, zeigt ein ermutigendes Bild vom Menschen: aufgerichtet und ohne Angst.