Der Himmel wird warten: Sonia (Noémie Merlant) auf der Suche nach einem Weg zurück in ihr Leben

THIMFILM

"Der Himmel wird warten" im Kino

Immer wieder sind Jugendliche aus Europa unterwegs in Kriegsgebiete, um in den Dschihad, den sogenannten "Heiligen Krieg", zu ziehen. Was die Ursachen dafür sind, und wie das Anwerben der Terrormiliz Islamischen Staat konkret vor sich geht, das schildert der französische Kinofilm "Le ciel attendra" am Beispiel von zwei Schülerinnen.

Der Himmel wird warten: Sonia (Noémie Merlant) auf der Suche nach einem Weg zurück in ihr Leben

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Mittagsjournal, 20.3.2017

In einen Irrglauben hat sich Sonia hineingesteigert. Vom Islamischen Staat (IS) wurde sie im Internet angeworben. Dass sie nicht bis Syrien gekommen ist, verdankt Glück im Unglück. In Frankreich steht sie nun unter Hausarrest. Die Familie ist mit den Nerven fertig. Die schüchterne Melanie hingegen hat es bereits außer Landes geschafft und bei ihrer Mutter ein Gefühlschaos voller Selbstvorwürfe hinterlassen.

Vorspiegeln falscher Ideale

Radikalisierung und Deradikalisierung von jungen Frauen unter islamistischen Vorzeichen - zwei Fälle dazu spielt die französische Regisseurin Marie-Castille Mention-Schaar in ihrem Film "Der Himmel wird warten" exemplarisch und vor allem lebensnah durch.

Sonia und Melanie und soziale Netzwerke im Internet, wo sich Teenager eine Parallelwelt zimmern, in der der Islamische Staat in seinem Werben die Frustration Jugendlicher ausnutze und falsche Ideale vorspiegeln würde, so Regisseurin Mention-Schaar.

Orientierungsvakuum

Der Film verdeutlicht ein komplexes Zusammenspiel psychologischer, politischer, religiöser und soziokultureller Faktoren in der Adoleszenz, zwischen familiären Zwängen und Tagträumen, dem Finden der richtigen Rolle im persönlichen Umfeld, und dem Ordnen und Einordnen von verwirrenden Gefühlen. So manches Orientierungsvakuum benutzen die IS-Werber, um Klarheit zwischen Gut und Böse zu schaffen, auch ein Terrain für Verschwörungstheorien.

Zuerst habe sie gedacht, so Regisseurin Mention-Schaar, es handle sich um ein Phänomen der Unterschicht, doch das habe sich bei ihren Recherchen als nicht immer zutreffend herausgestellt.

Sachlicher Grundton

Überforderung, Loyalitätskonflikte unerträgliche Ungewissheit auch bei den Eltern. Bei aller Emotion bewahrt der Film "Der Himmel wird warten" einen sachlichen Grundton, enthält sich moralischer Urteile und hysterischer Empörung. Dazu tragen auch die dokumentarisch inszenierten Sitzungen der Eltern in einer Art Selbsthilfegruppe bei. Hier geschieht unter Anleitung einer Präventionsberaterin die Aufklärungsarbeit, hier werden auch den Eltern die Augen über ihre Ahnungslosigkeit geöffnet.